Wenn die Trainerin dabei ist, hab ich keine Chance mehr!

Unterwegs mit eine Gruppe, jeder Mensch hat einen Hund an der Leine, bis auf mich natürlich, ich passe auf alle auf. Von vorne kommt eine Truppe Fahrardfahrer, was die Hundemenschen leider nicht richtig registrieren. Die Hunde schauen mich an. Von mir kommt ein deutliches „Stopp! Wir gehen auf die Seite.“ Einer bleibt direkt neben dem Weg stehen, der Hund kuckt schon etwas nervös, ich sorge dafür, dass er mehr Abstand zu den Fahrradfahrern bekommt. Bei einem Hund, der nach meiner Erfahrung auf Fahrradfahrer sehr unfreundlich reagiert, bleibe ich stehen, spreche ruhig mit ihm und verteile Kekse auf dem Boden, die er gerne aufnimmt. Alle Hunde bekommen Kekse, dann gehen wir entspannt weiter.

Beim einem Einzeltraining in Templin im Bürgerpark suchen wir Hundebegegnungen, da dieser Hund einfach zu nett und zu interessiert ist und lernen muss, dass man Hunde auch mal von weitem ansehen kann, weil z.B. nicht alle Hunde begeistert sind, wenn ein anderer Hund auf sie zustürmt. Das könnte ins Auge gehen. Da die eigentlich sehr verständnisvolle Frau sofort bei jedem Hundeanblick die Leine kurz nimmt und sich auch noch dagegen stemmt, nehme ich ihr die Leine ab, sehe zu, dass sie immer lang genug und locker ist, gehe so langsam, dass er viel, viel schnüffeln kann, so viel er eben möchte und beobachte ruhig die Gegend. Sowie wir einen Hund entdecken, bleiben wir stehen und ich erzähle dem netten Jungspund mit ruhiger, leiser Stimme, dass er das super macht, gebe ihm viele Kekse, und zeige ihm, dass er, wenn er mit kucken fertig ist, in einem Bogen weitergehen kann. Sollte das zu schwierig sein, drehen wir vielleicht auch um oder ich animiere ihn durch langsames Rückwärtsgehen, zu mir zu kommen und so den Abstand zu vergrößern. Während der ganzen Zeit bin ich voller Bewunderung dafür, dass er so toll mitmacht.

Ein erwachsener Listenhund, Rottweiler, ist bei mir zur Vorbereitung auf den Wesenstest. Er mag mich nicht besonders gerne, weil er mit TrainerInnen keine gute Erfahrungen hat, mich akzeptiert er gerade so, weil ich noch nie übergriffig war. Nur in schwierigen Situationen hängt er plötzlich an meiner Seite: wenn Fahrradfahrer oder Jogger kommen, wenn irgendwo ein Hund bellt oder wenn wir einen sehen, egal, sowie er an mir klebt, weiss ich, dass ihn etwas aufregt.

Drei Beispiele aus meinem Arbeitsalltag, die ich alle in verschiedenen Varianten immer wieder erlebe. Und oft höre ich dann: „wenn du dabei bist, bin ich einfach abgeschrieben, dann kennt er mich nicht mehr.“

Stimmt das?

Ganz sicher stimmt das so nicht. Denn es gibt jede Menge Hunde, die kommen in den entsprechenden Situationen nicht zu mir sondern zu ihren Menschen, weil sie mich gar nicht brauchen und wissen, dass sie die erforderliche Unterstützung bei ihnen bekommen. Bei mir schon auch, wenns notwendig ist, aber viel wichtiger ist es, dass ihre Menschen das auf die Reihe bekommen.

Aber was soll ein Hund tun, wenn er noch nicht gelernt hat, mit Fahrradfahrern, Holzlastern, Omas mit Rollatoren und ähnlichen Schrecknissen klar zu kommen? Wenn jemand z.B. fest davon überzeugt ist, dass der Hund „halt einfach“ verstehen muss: wenn sein Mensch dabei ist, ist alles gut? Oder wenn der Hund schon mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, versucht, seinen Menschen auf sich nähernde „Probleme“ aufmerksam zu machen, die für uns keine sind, für ihn aber schon?

Und was passiert, wenn so ein unaufmerksamer, weil in sein Handy oder in ein Gepräch vertiefter Mensch mit seinem Hund dem Holzlaster oder was auch immer zu nahe kommt? Evtl. versucht der Hund zu fliehen oder das Was-auch-immer zu vertreiben, sprich anzuspringen oder anzubellen. Und wie wird dann reagiert? Mit Schimpfen, Zerren an der Leine und ähnlichem Unfug.

So, und jetzt bin ich dabei – oder ein/e andere/r TrainerIn, das könnt ihr euch beliebig aussuchen, denn von meiner Sorte gibts GottseiDank viele. Und unsereins rennt eher nicht einfach so durch die Gegend mit Hunden und ist dann völlig konsterniert von der Tatsache, dass im Park tatsächlich Eichhörnchen oder Hunde oder Jogger sind, sondern unsereins geht langsam und aufmerksam, hat den Hund – oder die Hunde – im Blick und bleibt einfach mal stehen, wenn der Hund signalisiert: hier ist was komisch. Meine Indiana hat in solchen Fällen immer ein markerschütterndes Knurren hören lassen, das nichts anderes bedeutete als: „bitte schau da mal hin, das ist gruselig!“ Dann habe ich ihr erklärt, obs wirklich gruselig ist, wir haben umgedreht, sind ausgewichen, haben abgewartet und dabei gabs viele Kekse und ruhige, freundliche Worte für sie. Und das merken sich Hunde, auch und gerade wenn sie im Training mit mir unterwegs sind. Und das ist dann der Grund, warum sie in Notsituationen sich lieber an mich wenden als an ihre Menschen: weil sie sich darauf verlassen können, dass ich sie verstehe und ihnen helfe.

Jetzt könnte man sagen: dafür wirst du doch bezahlt, warum stört dich das? Freu dich doch, wenn die Hunde dich so toll finden!

  1. glaube ich nicht, dass mich die Hunde sooo toll finden. Sie finden mich nett und mögen mich, so wie ich sie mag. Mehr ist das nicht und das ist auch gut so.
  2. sind ihre Menschen nicht deshalb bei mir, damit ich mit ihren Hunden übe, wie man schwierige Situationen meistert und welche für diesen Hund ein Problem darstellen. Sondern sie selber sollen das lernen. Ich kanns schon. Nett wenn sie mich dafür bezahlen, aber das ist nicht der Sinn der Übung.

Wie gesagt: es gibt auch Menschen, die sowohl im Einzeltraining als auch in der Gruppe sehr schnell verstehen, worauf es ankommt, und – Überraschung! – deren Hunde gehen viel, viel lieber zu ihren Menschen und nicht unbedingt zu mir. Die holen sich ihre Kekse bei mir lieber ab, wenn alles entspannt ist.

Wenn ihr also der Meinung seid, eure TrainerIn hat bei eurem Hund bessere Karten als ihr, dann denkt einfach mal darüber nach, was sie anders macht. Nein, man muss nicht alles 1:1 umsetzen oder nachmachen. Man kann auch seinen eigenen, bitte freundlichen Weg finden. Es liegt auch nicht immer an der Qualität der Leckerchen. Es liegt einfach daran, dass man seinen Hund im Blick hat, sieht, wenn er anfängt zu zögern, zu beschwichtigen, dass man sieht, was ihn stört und beunruhigt und sich eine freundliche Taktik überlegt, wie man ihm in solchen Momenten hilft. Dazu gehört natürlich auch, dass man das Handy zuhause läßt, nicht permanent mit anderen über irgendwas quatscht, was mit dem Hund nichts zu tun hat, seine Gedanken weiß Gott wo nur nicht beim Hund hat….. sondern auf seinen Hund schaut.

Mehr ist es nicht, aber eben auch nicht weniger.

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Hunde im Winter…

… und warum man sie vor Kälte schützen muss

Es ist ganz schön kalt geworden. Heute früh hatte es -9°C an der Haustür. -9°C!!! Ich will gar nicht wissen, wie die Temperatur am Boden war. Wir ziehen uns natürlich warm an, selbst bei einem kurzen Gang über den Hof wird eine Jacke angezogen und eine Mütze aufgesetzt.

Alle Menschen sind zur Zeit dick eingepackt, mit Schal und Handschuhen, dicken Socken und warmen Schuhen mit Einlagsohlen, warmen Mänteln, Jacken und Mützen wappnen sie sich gegen die Kälte. Ihre Hunde dagegen laufen nach wie vor barfuss und ohne Mantel durch die Kälte. Sind ja Hunde. Haben ja ein Fell. Frieren ja nicht.

Ach so? Haben wir in Biologie wieder mal nicht aufgepasst?

Hunde sind Warmblüter, wie wir Menschen, wie alle Säugetiere. Und Säugetiere benötigen eine bestimmte Umgebungstemperatur, um sich wohl zu fühlen. Bei den meisten Menschen – und Hunden – liegt die irgendwo zwischen 20-25°C. Aber selbst da ziehen wir was an, weil unsere Körpertemperatur niedriger ist als bei Hunden und wir deshalb schneller frieren. Das bedeutet aber nicht, dass Hunde nicht frieren. Das tun sie sehr wohl und jedes Jahr erfrieren Hunde, die z.B. draußen leben müssen und gar nicht dafür geschaffen sind: Boxer, Doggen, Dalamtiner…. Hunde, die eigentlich gar kein richtiges Fell haben.

Aber auch andere Hunde frieren. Wenn sie frei leben würden, könnten sie sich im Herbst wie andere Wildtiere eine Speckschicht anfressen, damit sie gut über den Winter kommen, und ihr Fell wäre der Umgebung angepasst. Boxer und andere kurzfellige Hunde würden einen Winter wie dieses Jahr nicht sehr lange im Freien überleben. Ich habe auch noch nie gehört, dass man beleibten Menschen unterstellt, sie könnten auch im Winter leichtbekleidet durch die Gegend schlendern, sie wären ja gut isoliert. Was ja stimmt, und dicke Menschen müssen sich vielleicht auch nicht so warm anziehen wie schlanke oder sehr dünne, aber anziehen werden sie ganz sicher wärmere Klamotten als im Sommer und zu 100% werden sie Schuhe anziehen und zwar warme.

Auch kranke, alte oder sehr junge Hunde frieren schneller – wie bei uns Menschen: kleine Kinder, kranke und alte Menschen brauchen mehr Schutz. Mein Maxl ist mittlerweile 12 Jahre alt, er friert im Winter immer schon, da er kurze Beine hat und mit dem Bäuchlein sehr nah am Boden ist. An der Haustür -9° kann bedeuten am Boden deutlich unter -10°C. Keine schöne Vorstellung da in der Nähe ein nackiges Hundebäuchlein zu haben. Er bewegt sich zwar immer noch gerne und viel, aber doch weniger als noch vor ein paar Jahren. Also bekommt er seit geraumer Zeit ab einer Temperatur von +5°C einen Mantel. Und findet das ganz gut – bis aufs Anziehen, das mag er nicht.

Der kleine Maxl braucht schon wegen der Nähe zum kalten Boden einen warmen Mantel.

Indiana hat beidseitig schwere HD, sie friert eigentlich nicht so leicht, aber wenn ihre Muskeln kalt werden, dann spürt sie das in den Hüften und dann gehts ihr nicht gut. Also bekommt auch sie ab +5°C einen Mantel. Sie findet das auch gut – bis aufs Anziehen. Und natürlich haben beide Hunde für unterschiedliches Wetter unterschiedliche Mänte.

Indiana
Mit Mantel ist es bei der Kälte für Indiana deutlich angenehmer.

Wir merken, dass ihnen das gut tut, weil sie besser gelaunt sind, länger spazierengehen wollen und ganz offensichtlich keine Schmerzen haben, die durch Kälte oder Nässe verursacht wurden. Lohnt sich also.

Hunden, die in Gegenden leben, in denen im Winter Salz gestreut wird, sollte man, wenn sie das mögen, Schuhe anziehen. Manche wollen das definitiv nicht, sie tun keinen Schritt mit den Dingern. Ihnen kann man mit einer guten Pfotensalbe helfen und ihnen zusätzlich die Füße nach dem Spaziergang mit lauwarmem Wasser abwaschen. Bei der Pfotensalbe sollten die Bestandteile aus biologischem Anbau sein und weder Erdöl oder Erdölprodukte noch ätherische Öle enthalten. Erdölprodukte, wie z.B. Vaseline, können Krebs verursachen, ätherische Öle haben zwar in der Regel eine heilende Wirkung, aber bei Hunden können sie Unverträglichkeiten auslösen, besonders dann, wenn die Salbe abgeleckt wird. Zudem ist der Geruch, den wir gut finden, für die Hunde oft sehr unangenehm. Ich hatte mal ein Flohmittel mit Geranium, das sehr gut gewirkt hat gegen die Flöhe, die Hunde fanden es entsetzlich und sind immer geflohen, wenn ich damit ankam. Ich hab dann was anderes verwendet. Nicht viel anders ist es, wenn in einer Pfotensalbe z.B. Eukalyptus enthalten ist. Mir drängt sich da schnell der Verdacht auf, dass der Geruch für uns bestimmt ist. Wir finden solche Düfte gut und angenehm, die Hunde eher nicht.

Auch im Haus muss man darauf achten, ob der Hund auf seinem Platz wirklich vor Zug und Kälte geschützt ist. Meine Hunde haben es sehr gerne kuschlig warm und bevorzugen zur Zeit den Platz direkt am Kaminofen. Sie haben in ihren Bettchen warme Kissen und nachts dürfen sie sehr gerne ins Bett kommen, bei Bedarf auch unter die Bettdecke. Es gibt nichts besseres gegen kalte Füße und ein trauriges Herz als einen Hund im Bett.

Unsere kleine Loni fand den Platz am Kaminofen im Winter großartig.

Was auch sehr wichtig ist: geht bitte nicht zu lange mit euren Hunden bei Kälte spazieren. Kurze Gänge von 15-30 Minuten sind in der Regel vollkommen ausreichend. Wenn ihr findet, dass das zu wenig für eure Hunde ist, dann macht einfach im warmen Wohnzimmer noch ein paar nette Spiele mit ihnen, das gefällt ihnen mit Sicherheit besser, als in der Kälte rumzulaufen.

Hier könnt ihr euch ein paar Ideen dafür holen:
Spiele für fade Wintertage: http://blog.forsthaus-metzelthin.de/?p=90

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…. das war keine Katze…

…. das war eine Frau mit Kinderwagen.

Ich bin mit einer Kundin unterwegs, habe ihren Hund an der Leine, um der Kundin zu zeigen, wie wir mit ihrem netten und sehr sozialen Rüden für ihn schwierige Situationen meistern. Dabei geht es vor allem darum, dass wir ihm in aller Ruhe und mit viel Zeit und Geduld erklären, wie wir die Situation einschätzen. Er ist ein sehr aufmerksamer und kluger Hund, seit einem knappen halben Jahr in Deutschland, ca. 3 Jahre alt. Wir wollen ihn der Einfachheit halber Bello nennen.

Es geht alles sehr gut, wir überqueren eine viel befahrene Straße, passieren einen bellenden Hund hinterm Zaun in für Bello guter Entfernung, bewältigen die Versuchung, die ein Loch im Zaun darstellt, durch das er sehr gerne auf Erkundung gehen würde, alles ist im grünen Bereich. Von vorne kommt eine junge Frau mit Kinderwagen. Mütter mit kleinen Kindern, besonders mit Babys im Kinderwagen sind ein eigenes Thema. Die legen in der Regel keinen gesteigerten Wert auf Hundenasen im Kinderwagen und das haben wir zu respektieren. Da Bello sehr freundlich und neugierig ist, bitte ich ihn auf die abgewandte Seite zu gehen, das macht er vorbildlich mit. Die junge Frau trägt ein Kopftuch, sie ist vermutlich Muslima. Da macht die Situation noch etwas brisanter, da ich annehmen muss, dass sie aufgrund ihres Glaubens Hunde nicht so toll findet, also haben wir gleich zwei Gründe besonders rücksichtsvoll zu sein. Ich bin überzeugt, dass Bello mich versteht, denn er geht sehr lieb und aufmerksam neben mir vorbei, ich sage ihm, dass er großartig ist und bedanke mich sehr mit vielen guten Worten und vielen Leckerchen für seine Kooperation.

Als wir vorbei sind, bleibt Bello stehen, dreht sich um und sieht der Frau und dem Kinderwagen hinterher. Meine Kundin wird sofort total nervös und versucht ihn mit „Bello, wir gehen hier weiter“ aus der Situation zu holen. Ziemlich irritiert frage ich sie, was das soll.

Die Antwort irritiert mich noch mehr als die Aktion selber: „ja, aber wenn da eine Katze läuft, dann muss ich ihn doch abrufen können.“

Erstmal tief Luft holen, bis zehn zählen, dann antworten. Bello kuckt in der Zwischenzeit sehr ruhig und gelassen immer noch nach der Frau, die sich ebenfalls ruhig und entspannt entfernt.

„Das war keine Katze, das war eine Frau mit Kinderwagen.“
„Ja, aber wenn da eine Katze…“
„Das war keine Katze, das war eine Frau mit Kinderwagen.“
„Ja, aber….“
„Das war keine Katze, das war eine Frau mit Kinderwagen. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum er da nicht hinschauen darf.“

Im weiteren Gespräch klären wir, dass vorbeihuschende Katzen, die ihn ganz sicher zum Hinterherrennen animieren, etwas ganz anderes sind als Frauen, die schlicht ihren Kinderwagen unbelästigt an uns vorbeischieben möchten, und die er so interessant findet, dass er einfach ein bisschen hinterher kucken möchte. Das eine hat mit dem anderen soviel zu tun, wie Autoverkehr mit Gartenanlagen.

Aber das Thema ist für mich nicht durch nach diesem Termin, im Gegenteil. Denn das ist eine Situation, die ich sehr oft erlebe. Und ich bin mir sicher, dass viele meiner KollegInnen das ebenfalls oft in ihren Trainingsstunden haben: es wird einfach in jeder Situation die passende Interpretation gesucht und dann eine vermeintlich gute Lösung drübergestülpt. Es ist aber ein gewaltiger Unterschied, ob ein Hund hinter was auch immer herrennen oder es einfach ruhig beobachten möchte. Vielleicht kann ich ihn ja dazu überreden, sofort mit mir mitzukommen, weil die Frau mit dem Kinderwagen doch nicht so interessant ist. Vielleicht mache ich sie durch den Druck, den ich automatisch ausübe, aber auch unglaublich wichtig und spannend. Dann könnte es durchaus sein, dass er bei der nächsten ähnlichen Begegnung eben nicht mehr locker vorbeigeht, sondern dringend untersuchen muss, was denn so Besonderes mit diesem Kinderwagen ist, wenn ich solche Probleme damit habe. Denn wenn ich keine Probleme damit hätte, könnte er sich das Ding doch wirklich in Ruhe aus der Ferne betrachten. Oder?

Und dann ist es mehr als fraglich, dass ich ihn, selbst wenn Frauen mit Kinderwagen grundsätzlich so uninteressant sind, dass er sich immer davon abrufen läßt, sich auch von einer Katze, die mal eben fünf Meter vor ihm aus dem Gebüsch hopst, ebenfalls abrufen kann. Frauen mit Kinderwagen – oder ähnliche Objekte – gehören nicht ins Beuteschema unserer Hunde, Katzen schon. Hunde wissen das, Menschen offenbar nicht.

Ich vermute, es gibt zwei Hauptgründe, warum Menschen so reagieren und Frauen mit Kinderwagen mit Katzen gleichsetzen.

Der eine Grund ist: mein Hund muss sich immer und überall von allem sofort abrufen lassen und unverzüglich mit mir weitergehen, wenn ich das möchte.
Klare Anwort: nein, muss er nicht. Ganz im Gegenteil. Hunde lernen am besten, dass eine Situation unkompliziert und ganz normaler Alltag ist, wenn wir sie ruhig heranführen, ihnen Ausweichmöglichkeiten anbieten, z.B. auf die Seite gehen und abwarten oder an meiner Seite ruhig vorbeigehen, und wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, in ihrem eigenen Tempo zu überprüfen, ob meine Sicht der Dinge (Frauen mit Kinderwagen sind uninteressant) auch stimmt. Und dazu muss ein Hund einfach mal hinterherkucken dürfen.

Der zweite Grund ist: viele Trainingsansätze laufen darauf hinaus, dass man ständig und überall Signale einüben muss, indem man die Ablenkung langsam steigert, so dass sich Bello irgendwann nicht nur von Frauen mit Kinderwagen sondern auch vor davoneilenden Katzen abrufen läßt.
Dazu kann ich nur sagen: träumt weiter. Gerade Hunde aus dem Auslandstierschutz sehen häufig Katzen als willkommende Abwechslung auf dem Speiseplan. Ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe bei meiner Indiana einige Jahre gebraucht, bis sie davon überzeugen konnte, beim Anblick von Katzen, die mindestens 20 Meter weg sind, ruhig zu bleiben. Wenn eine Katze unmittelbar vor uns auftauchen sollte, hoffe ich schlicht und ergreifend, dass ich die Leine fest genug in der Hand habe und richtig reagiere. Und Indiana ist mittlerweile 8 Jahre alt und seit 7,5 Jahren bei uns.

Wir sind nicht ständig immer und überall im Abruftraining für einen 100%ig sicheren Rückruf, den es so überhaupt nicht gibt, ausser ich mache meinen Hund zu einer willenlosen Marionette. Wenn wir Katzen treffen, freue ich mir ein Loch in den Bauch, weil mir die Hunde diese tolle Katze gezeigt haben und bedanke mich mit vielen, vielen Keksen für die großartige Nachricht. Frauen mit Kinderwagen gehen meinen Hunden dagegen am Allerwertesten vorbei. Sie sind uns nicht mal einen Kommentar wert.

Vielleicht gibt es auch noch einen dritten Grund, warum Menschen so widersinnig reagieren: sie wollen die Kontrolle behalten, immer und unter allen Umständen. Und spätestens jetzt wirds richtig schwierig. Denn unsere Hunde werden ja irgendwann erwachsen oder sie kommen schon erwachsen zu uns. Erwachsen sein bedeutet aber unter anderem, dass man selber die Kontrolle über sein Leben hat und nicht ständig und überall gegängelt und rumkommandiert wird. Das bedeutet auch, dass ein Hund eigene Entscheidungen trifft, die vielleicht nicht immer ganz in unserem Sinn sind. So wie meine Indiana Katzen eben killen und fressen würde, wenn ich nicht aufpassen würde. Allein die Tatsache, dass sie nicht mehr auf jede Katze in egel welcher Entfernung mit Mordgelüste reagiert, finde ich ein unglaubliches Zeichen von Kooperationsbereitschaft und Verständnis ihrerseits. Mit absurdem Abruftraining wären wir niemals dahin gekommen.

Wenn man also einen Hund hat, der mit meiner Lebenssituation noch nicht vertraut ist, dann ist der wichtigste Punkt bei allem, was wir unternehmen, dass ich ihm in aller Ruhe zeige, wie ich mit für ihn neuen, unbekannten und vielleicht auch schwierigen Situationen umgehe, und ihm genügend Gelegenheit gebe, sich davon zu überzeugen, dass das jetzt einfach eine normale Alltagssituation ist.

Denn das war jetzt ein Frau mit Kinderwagen, das war keine Katze.

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„Perfekt unerzogen“ von Ulli Reichmann

Es gibt Bücher, die sind wegweisend – auch wenn nicht jeder das vielleicht so sieht. Eines war „Calming Signals“ von Turid Rugaas. Seit dieses Buch seinen Weg in die Hundeszene gefunden hat, hat sich enorm viel verändert im Umgang mit Hunden. Hunde wirklich zu verstehen und ihre Sprache lesen zu können, wurde mit diesem Buch einfacher.

Genau so wird es mit dem neuen Buch von Ulli Reichmann sein. Sie hat bereits mit ihren revolutionären Ideen über das Leben mit jagdbegeisterten Hunden nicht nur das „Anti“jagdtraining auf den Kopf gestellt. Auch mit ihren völlig neuen Ideen, wie man mit Hunden im Alltag leben oder wie man Welpen aufziehen sollte, kamen Grundfesten der vermeintlich einzig richtigen Vorstellungen von Hunde“erziehung“ ins Wanken – und von diesen Vorstellungen gibt es wahrlich viele.

Müssen Hunde erzogen werden? Und was ist darunter zu verstehen? Kommen wir mit Hunden nur klar, wenn sie die Grundkommandos „hier, sitz, platz, Fuß, bleib“ auch im Schlaf beherrschen, so dass sie jederzeit zuverlässig abrufbar sind, und zwar egal ob gerade die Welt untergeht, auf dem Autobahnmittelstreifen oder im Kindergarten? Und warum kommen wir überhaupt auf die Idee, Hunde kommandieren zu müssen?

So wie ich hatten viele HundetrainerInnen schon Hunde oder lebten mit ihnen in ihren Familien, bevor sie diesen Beruf ergriffen. Und die wenigsten dieser Hunde beherrschten auch nur einziges dieser angeblich überlebenswichtigen Kommandos. Ganz im Gegenteil. Mit den armen Opfern der Hundevereine hatte man einfach nur Mitleid. So einen Hund, der nur demütig neben oder hinter einem herschleicht, wollte niemand haben. Und wenn so ein Hund auf einen kam, empfand man jede selbständige Tat des Hundes wie schnüffeln oder Streicheleinheiten einfordern als großen Erfolg, dazu brauchte man keinen Hundeflüsterer.

Und heute? Die Köpfe vieler HundetrainerInnen und HundehalterInnen rauchen nur so vor Anstrengung, um Hunden genau das beizubringen: achte nur auf deinen Menschen, orientiere dich an nichts anderem. Wie lange darf ein Hund wo schnüffeln? Darf er überhaupt mal an einer Wildspur schnuppern? Geschweige denn ein Reh beobachten? Ab wann ist er zu selbständig? Stimmt seine Bindung zu mir…….

Fragen über Fragen plagen uns, NachbarInnen, FreundInnen, KollegInnen, jeder der auch nur mal die ersten 3 Minuten eine dieser begnadeten Hundeflüstersendungen gesehen hat, weiß genauestens Bescheid und überschüttet HundehalterInnen mit hochqualifizieren Ratschlägen. Ja, das sind wahrlich üble Schläge, die auf Hund und Mensch da oft hereinprasseln.

Und jetzt kommt dieses Buch daher mit diesem provokativen Titel: Perfekt unerzogen!

Ja, geht’s noch? Einen Hund nicht (!!!) erziehen? Und das soll dann auch noch perfekt sein?

Das werden sich bestimmt viele fragen, aber die Antwort ist ganz einfach: ja, genau das ist der Weg, den wir einschlagen sollen. Denn auch wenn wir noch so lieb und freundlich unseren Hunden alles mögliche beibringen, mit viel Lob und Leckerchen und liebvoll aufgebauten Markern und Signalen….. wir stülpen Hunden trotzdem immer unsere Vorstellungen vom perfekten Hund über und beachten nicht wirklich, was der Hund möchte und wer er eigentlich ist. Denn wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass wir über alles und jedes in unserem Leben die Kontrolle behalten müssen, eben auch über unseren Hund, dass wir uns noch so oft Sätze wie: „Hunde sind eigenständige Lebenwesen und Persönlichkeiten“ oder „Hunde sind keine Waschmaschinen“ vorsagen können, wenn Kollege XY oder Nachbarin YZ meint, wir hätten unseren Hund nicht im Griff, verfallen wir sofort in den Trainingswahn.

Wer sich damit nicht wohlfühlt und sich Gedanken darüber macht, wie man aus dieser Falle heraus und in ein gutes Leben mit seinem Hund hineinkommt, sollte unbedingt Ulli Reichmanns neues Buch lesen. Es ist ganz sicher keine Gebrauchsanleitung, wie man „ullimäßig“ seinen Hund optimal erzieht, denn – wir erinnern uns – Hunde sind wirklich keine Waschmaschinen. Sie sind Individuen und großartige Persönlichkeiten mit eigenen Vorstellungen von einem guten Leben. Und ihr könnt das wirklich glauben: das sind Vorstellungen, die von unseren gar nicht so weit entfernt sind, ganz im Gegenteil.

ISBN: 978-3-936188-82-0
Preis: € 20,00
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Sensible Zeiten im Leben eines Hundes – die Fremdelphasen

Eltern kennen das: das Baby, das sich über jeden gefreut hat, der in seinen Kinderwagen reinschaut, bekommt von jetzt auf gleich hysterische Kreischanfälle, wenn die Oma kommt, die das letzte Mal vor zwei Wochen da war. Im Leben aller Kinder gibt es diese Phase, sie heißt Fremdelphase. Bei Kindern geht man davon aus, dass es nur eine dieser Phasen gibt, nämlich im Alter von 6 bis 8 Monaten. Ich vermute allerdings, dass es bei Kindern mehr davon gibt – genau wie bei Hunden.

Bei Hunden können wir von mindestens 4, eher 5 Fremdelphasen ausgehen und jeder Hundebesitzer wurde schon mal damit konfrontiert, hat sich gewundert, was mit seiner Pelznase los ist und sofort wieder vergessen, als es vorbei war. Leider. Und leider wissen nach wie vor viel zu wenige Menschen, die mit Hunden zu tun haben, was es damit auf sich hat: TrainerInnen, ZüchterInnen, TierschützerInnen und natürlich HundehalterInnen.

Die erste Fremdelphase ist zuverlässig zwischen der 9. und 10. Woche, sie dauert ca. eine Woche.
Die zweite Fremdelphase beginnt ungefähr mit 4,5 Monaten und dauert zwei bis drei Wochen.
Die dritte Fremdelphase beginnt ungefähr mit 9 Monaten und dauert ebenfalls zwei bis drei Wochen. Da sie oft zusammenfällt mit dem Beginn der Pubertät, wird sie in der Regel übersehen oder falsch eingeordnet.
Die vierte Fremdelphase beginnt etwa mit 1,5 Jahren und dauert ebenfalls zwei bis drei Wochen.
Die fünfte und letzte Fremdelphase beginnt ca. mit 2 – 2,5 Jahren und dauert auch zwei bis drei Wochen.

Wann die 2.-5. Fremdelphasen auftreten, ist individuell und rassetypisch unterschiedlich, ebenso die Dauer. Die angegeben Zahlen sind also nur Richtwerte.

Was hat es damit auf sich und wie sollten die betroffenen HundehalterInnen damit umgehen?

Die meisten Welpen kennen bis zu Beginn der ersten Fremdelphase keine Furcht vor gar nix. Sie gehen neugierig auf alles zu, interessieren sich für alles und finden alles prima. Wenn sie das im Leben beibehalten würden, würden sie nicht besonders lange leben, da sie nicht lernen würden, Situationen richtig einzuschätzen, also auch mal festzustellen, dass man sich hier und jetzt vom Acker macht, oder sich besser vorsichtig annähert. Das ist lebensverlängernd. Man könnte es also auf den kurzen Nenner bringen:
In den Fremdelphasen, ganz besonders in den beiden ersten, lernt der kleine Hund potentielle Gefahren vorsichtig abzuklären, denn es ist besser eine Mahlzeit zu versäumen als eine zu werden.

Wenn so ein kleines Hundekind in der ersten Fremdelphase noch bei seiner Mutter ist, kann in der Regel nicht viel schief gehen. Die Mutter weiß automatisch, was zu tun ist: sie gibt ihrem Kindern Rückhalt und Sicherheit, beschützt sie vor Ungemach und ist einfach da. Das reicht. Leider ist das zumindest bei Rassehunden, aber auch bei anderen Hunden von „Züchtern“ oder Vermehrern“ nicht mehr die Regel. Die Welpen werden mit den abenteuerlichsten Argumenten abgegeben. Hier nur ein Beispiel, das ich besonders absurd finde: dann entwickelt sich eine bessere Bindung. Ach so, naja. Dann haben meine beiden Hunden, die ich im Alter von 6 Monaten, bzw. 2,5 Jahren übernommen habe, also mit Sicherheit eine grottenschlechte Bindung. Wer’s glaubt, wird selig, wer’s nicht glaubt, kommt auch in den Himmel.

Was machen Menschen, wenn ein Welpi bei ihnen einzieht? Oft genug wird der kleine Hund von der ersten Minute an gnadenlos überfordert. Allein der Verlust der Familie ist ein starkes Trauma für ihn. Dazu kommt vielleicht noch eine stundenlange Fahrt im Auto, die Ankunft im neuen Zuhause, ungewohntes Futter, neue Menschen, neue Gerüche, neue Geräusche…… und als ob das nicht reichen würde, tanzen spätestens am nächsten Tag die Nachbarn und besten FreundInnen an, um ihren Senf dazuzugeben und den kleinen Kerl zu begutachten. Dazu wird er dann herumgereicht, zwangsbekuschelt, es wird getestet, ob er auch schon „schön sitz!“ machen kann – lauter überflüssiger Unsinn. Denn was dieser Hund jetzt braucht, ist Ruhe, Ruhe, Ruhe und viel Geduld und Verständnis von seiten seiner neuen Menschen.

Damit man auch ja nichts versäumt, wurde schon vorab in der Hundeschule ein Termin vereinbart. Wenn die KollegInnen Ahnung haben, was zwar Gott sei Dank immer häufiger der Fall, aber leider nicht die Regel ist, machen sie diesen Termin erst wenn der kleine Hund 10 Wochen alt ist. Nur besteht dann oft die Gefahr, dass man in eine Hundeschule geht, die keine Ahnung hat und den Hund schon am nächsten Tag sehen will. Also lasse auch ich mich oft genug auf einen Termin ein, von dem ich weiß, dass er für den kleinen Hund nichts bringt, aber vielleicht kann ich das Schlimmste verhindern. Nicht so einfach, das alles.

Erste Fremdelphase: der kleine Hund hat unglaublich viel erlebt und gelernt in den letzten 9 Wochen und das soll jetzt verarbeitet werden und sacken. Da soll nichts Neues drauf gepackt werden und schon gar nicht was Aufregendes, das der Hund jetzt nicht mal ansatzweise verarbeiten kann. Und das genau ist ein wichtiger Grund, warum man nie, nie, nie einen Welpen wo auch immer holen soll, der schon mit 8 Wochen abgegeben wird – ausser dem Hund droht Lebensgefahr. Und wie oft kommt das vor, bitte?

Wenn die erste Fremdelphase gut läuft, also auch die Menschen, die den Hund leider zu früh bekommen haben, verstehen, dass er Ruhe und Sicherheit braucht, viel Geduld haben und ihn nicht überfordern, oder er war tatsächlich mindestens zehn Wochen – gerne zwei oder drei mehr – bei seiner Mama, dann wird die zweite Fremdelphase nicht mehr so dramatisch. Jetzt kommen z.B. Sachen vor wie: beim morgendlichen Gassi ist – wie jeden zweiten Donnerstag – Müllabfuhr und die Tonnen stehen auf der Straße. Bis jetzt war das kein Thema – heute schon. Der Zwerg bleibt wie angewurzelt stehen und starrt die Tonne an wie einen Zombie. Das dümmste, was man jetzt tun kann ist: den Hund einfach weiterzerren. Das zweitdümmste: den Hund auslachen. Eine nahezu ideale Form von Dummheit ist die Kombination von beidem.

Wenn ein Hund offenbar erschrocken stehenbleibt und irgendwo hinschaut, bleibt man einfach auch stehen und stellt fest, was ihm denn in irgendeiner Form Angst macht: aha, die Mülltonne. Dann geht man ruhig hin, stellt sich mit dem Rücken zur Tonne und wartet. Bis der kleine Hund entweder die Tonne inspiziert oder lieber in einem großen Bogen vorbeigeht. Dazu braucht man natürlich eine genügend lange Leine am Hund, damit er keinen Unfug macht und auf die Straße rennt. Wenn’s gar nicht anders geht und er einfach nicht vorbei möchte, dreht man eben um. Da bricht einem kein Zacken aus der Krone. Ich habe ihm gezeigt, dass ich mich vor der Mülltonne nicht fürchte, denn wenn ich mich mit dem Rücken davor stelle, gehe ich davon aus, dass dieses Teil friedlich ist. Wenn er dem Frieden nicht traut, dann weichen wir eben aus oder gehen zurück.

Sowas nennt man „vertrauensbildende Maßnahme“. Denn ein Hund, dessen Ängste und Nöte wahr- und ernstgenommen werden, der kann viel leichter Vertrauen zu seinem Menschen haben, als ein Hund, dessen Mensch so etwas gar nicht sieht, sich darüber lustig macht und den Hund zu etwas zwingt, was er definitiv nicht möchte.

Leider gibt es viele Hunde aus dem Auslandstierschutz, die genau in diesem Alter zu uns kommen. Das werden wir nicht ändern können, da hier einfach versucht wird, den Hunden so schnell wie möglich ein gutes Zuhause zu besorgen. Allein schon der Transport ist aber extrem traumatisierend für die Hunde, da sie häufig mit vielen anderen Hunden eingezwängt in enge Boxen über viele Stunden, teilweise Tage im Transporter sitzen. Da wird gekackt, gepieselt, gekotzt, geheult….. das möchte niemand von uns erleben. Aber auch wenn das nicht so ist, dann ist der Wechsel in eine völlig neue Umgebung mit völlig neuen Sinneseindrücken verbunden mit einer langen Fahrt mit womöglich fremden Menschen auch nicht gerade lustig.

Es wäre also wirklich schön, wenn Tierschutzorgas sich mit der Thematik befassen könnten – neben allem anderen, das sie leisten müssen – und die neuen BesitzerInnen aufklären würden, dass dieser Hund jetzt besonders viel Ruhe, Verständnis und Geduld braucht, weil zu allem anderen eben die 2. Fremdelphase dazu kommt. Ich weiß, dass das viel verlangt ist. Aber die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. Dadurch, dass die meisten Orgas mittlerweile sowieso schon sehr viel gute Tipps mit auf den Weg geben, kann viel aufgefangen werden. Aber je besser die neuen Menschen über den seelischen Zustand ihres kleinen, neuen Freundes wissen, um so besser ist es für alle Beteiligten.

Die 3. Fremdelphase fällt häufig mit dem Beginn der Pubertät zusammen. Deshalb ist es nicht immer einfach, auseinander zu halten, was was bewirkt und auslöst. Aber das ist auch nicht wichtig. Auch Pubertiere brauchen vor allem viel Geduld und Verständnis. Verstärkend kommt auch hier dazu, dass bislang gewohnte und normale Dinge wie das Befolgen der Alltagssignale in vielen Situationen noch schwerer fallen, weil sich der Hund unbedingt mit einer Situation auseinander setzen muss, die ihm dubios erscheint. Das hat nichts mit der Eroberung der Weltherrschaft, schlechter Bindung und Missachtung seines Menschen zu tun, der kann halt grad nicht anders, weil seine Hormone in Aufruhr sind und weil er sehr verunsichert ist.

In dieser Zeit, also während der Pubertät ganz besonders in Kombination mit der 3. Fremdelphase, haben die Hunde ein Schild umhängen, das steht in Großbuchstaben drauf:

„WEGEN UMBAU GESCHLOSSEN!!!!!“

Vielleicht mal nebenbei: bei menschlichen Pubertieren ist das nicht anders, auch bei uns, den weisen und abgeklärten Erwachsenen war das mal so. Und das Verständnis, das wir damals gerne gehabt hätten und vielleicht auch bekommen haben, dass können wir doch gerne auch unseren Hunden geben.

Die letzten beiden Fremdelphasen fallen meistens gar nicht mehr so auf. Sie zeigen sich ebenfalls durch plötzlich auftretende Unsicherheit in Situationen, die der Hund eigentlich schon gut gemeistert hat. Manchmal kann passieren, dass die Hunde gestresster sind und deshalb mehr an der Leine ziehen oder schlechter abrufbar sind. Aber wenn man in den vorherigen Fremdelphasen und vor allem in der dritten (Kombination mit der Pubertät!!!) ruhig und geduldig geblieben ist, dann sollte das eigentlich nicht allzu dramatisch werden. Vor allem weiß der Hund dann eben, an wen er sich wenden kann, wenn er sich überfordert fühlt.

Es gibt gleich mehrere gute Nachrichten:
Es geht viel, viel schneller als mit Kinder und Jugendlichen. Wer „Fremdelphasen bei Kindern“ goggelt, erfährt, dass bei manchen Kindern diese Phase bis in die Schulzeit hineinreichen kann. Da können wir mit den Hunden wahrlich nicht meckern. Die einzelnen Phasen dauern maximal drei Wochen und dazwischen haben wir viel Zeit zur Erholung. Und dann sind das wunderbare Gelegenheiten, seinem Hund klar zu machen, dass man seine Bedürfnisse sieht und erkennt und auch auf seine Befindlichkeiten eingeht. Gemeinsam finden wir eine Lösung, die für uns gut ist. Wenn das nicht eine wunderbare Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung ist!

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Wie lange braucht ein Hund aus dem Tierschutz, bis er angekommen ist?

Eine liebe Bekannte, Verena Werthmüller, hat den folgenden Beitrag auf Facebook gepostet. Das ist ein so senibles und wichtiges Thema, dass ich sie um die Erlaubnis gebeten habe, den Text hier zu veröffentlichen. Bitte lest das, verbreitet den Text und nehmt ihn euch zu Herzen.

Weil ich jetzt das xte Mal lese „der Hund muss weg, weil es mit den Katzen, den anderen Hunden etc. nicht funktioniert“, muss ich das jetzt mal loswerden:

Nein, vier oder sechs Wochen sind nicht genug Zeit, um sich an eine veränderte Situation zu gewöhnen! Kein Hund ist nach 4 Wochen angekommen, da fangen sie gerade mal an, ihr Köfferchen auszupacken! Ein Hund, der vorher nie mit Katzen zusammen gelebt hat, braucht vielleicht länger als 6 Wochen, um sich daran zu gewöhnen (plus vernünftiges Training!). Und nach einer Kastration braucht eine Hundegruppe vermutlich auch mehr als ein oder zwei Monate, um sich an veränderte Gerüche, Verhalten etc. zu gewöhnen. Da brechen Unsicherheiten auf und unsere Aufgabe als Frauchen oder Herrchen ist es, genau dann Halt und Sicherheit zu geben und zwar allen Seiten. Aber ich beobachte zunehmend, dass man dadrauf keinen Bock hat. Da werden ein paar Trainer als Autoritäten bestellt, die dann den Kopf wiegen und sagen, das ist schwierig und besser für alle, man gibt den Hund, der nicht funktioniert, weiter. Natürlich zum Wohl aller, besonders des Hundes. Ist das tatsächlich so, oder ist man nur zu bequem, mit einer Situation umzugehen? Das beste aller Zuhause, das man für den Tierschutzhund gefunden hat – aber er kommt einfach nicht mit den Katzen klar (nach 4 Wochen!). Da muss er leider gehen. Aha. Ein wirklich gutes Zuhause – aber nur für den perfekt angepassten Hund.

Wer von uns ist eigentlich nach einem Umzug in ein anderes Land, mit neuer Sprache und neuer Familie nach 4 Wochen angekommen? Wer von uns ist nach 8 Wochen nach einer Entfernung der Eierstöcke wie früher? Wer von uns, der plötzlich mit einer Spezies auf dem Sofa kuscheln soll, die er vor vier Wochen noch als essbar betrachtete, ist dazu in der Lage?

Und von unseren Hunden verlangen wir das? Oder geht es um den leichten Ausweg, weil man sich heutzutage in den Tinder-Zeit nicht mehr die Zeit nimmt, Dinge auch mal auszuhalten und den Hunden zuzugestehen, dass sie irritiert sind und ihre Zeit brauchen, um sich an Dinge zu gewöhnen? Man auch mal Dinge trainieren muss, mit Trenngittern und Hausleine und vielleicht sogar Maulkorb arbeiten und den Tieren Zeit geben muss, sich langsam an eine veränderte Situation zu gewöhnen? Weil sie die heile Welt stören? Und das kann halt auch mal ein halbes Jahr dauern! Meine Hunde sind nun vier oder fünf Jahre bei mir – und sie kommen immer noch an! Leslie wird frecher, Trudy entspannter und Reina kooperiert immer mehr.

Mein Ex und ich haben in 2 Jahren 10 Hunde aus dem Tierschutz adoptiert. Und ja, das war Wahnsinn und wir würden das heute nicht wieder so tun. Aber wir haben gehadert und mit unseren Hunden zusammen gekämpft – und wir sind nach und nach zusammen gewachsen.

Es war eine chaotische Zeit, in der uns sämtliche Körbchen und die Couch explodiert sind, alle Bücher „gelesen“ und sämtliche Möbel angenagt. Die Tomaten vom Esstisch geklaut und überall auf der Couch verteilt. Bis heute kann ich keinen Teppich und keinen Teppichboden haben, weil einer der Hunde nicht komplett stubenrein ist.

Ich verlange von niemandem, dass er sowas mitmacht und natürlich muss man eine Situation, die für alle Seiten belastend ist, irgendwann auch beenden. Aber man muss sich zuerst auch gegenseitig die Zeit geben, zusammen zu wachsen. Und das erwarte ich von jedem, der sich einen Hund ins Haus holt. Weil der Hund sich das nämlich nicht ausgesucht hat, wir aber schon. Und wir sind ihm verdammt nochmal zumindest schuldig, ihm die Zeit zu geben, die er braucht zum Ankommen oder um sich auf Veränderungen einzustellen.

Verena Werthmüller

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Wie man mit Zecken und anderen Lästlingen leben kann, ohne verrückt zu werden

Wer mich kennt, weiß, dass ich keine Freundin der alljährlichen Hysterie bin, die grundsätzlich ab April, spätestens ab Mai im Internet wegen der grausligen Zecken losgeht. Ab September gehts dann genau hysterisch gegen die Flöhe. Nein, ich liebe diese Viecher auch nicht und ich brauche sie auch nicht. Aber der Hype, der da immer gemacht wird, ist wirklich gnadenlos übertrieben.

Mein Mann und ich lehnen für unsere Hunde alle chemischen Mittel ab, da sie in irgendeiner Weise nicht nur den Zecken und Flöhen, sondern auch den Hunden, uns und der ganzen Umwelt schaden. Wenn auf der Packung schon Dinge stehen wie: „Kinder bitte vom Hund fernhalten“, „nicht ins Wasser lassen, weil…“, dann finde ich, dass ich kein Recht habe, so etwas zu verwenden, nur um mir die lästige Absucherei nach Zecken und die – eventuelle – Gefahr einer Erkrankung zu ersparen. Das muß jeder für sich entscheiden, wir entscheiden uns für alternative Methoden. Bei alternativen Methoden muss man sich darüber im Klaren sein, dass sie auf jedes einzelne Individuum abgestimmt werden müssen, da nicht unbedingt eins für alle passt. Auch werden hier nicht alle Zecken – oder Flöhe oder was auch immer ihr verhindern wollt – sofort und unwiderruflich gekillt, sowie sie nur an euren Hund denken, sondern das Immunsystem eures Hundes soll in die Lage versetzt werden, sich selber gegen Zecken zu wehren und allen Lästlingen soll das Leben auf eurem Hund so ungemütlich und unattraktiv wie nur möglich gemacht werden. Das bedeutet natürlich, dass auch mal eine andockt oder ein Floh euren Hund sehr lecker findet. Euren Flocki solltet ihr also durchaus nach wie vor absuchen und die Tiere, die es sich auf ihm gemütlich gemacht haben, entfernen.

Ganz besonders möchte ich vor diesen 3-Monatstabletten warnen, an denen jedes Jahr hunderte von Hunden sterben, bzw. an unerfreuliche Nebenwirkungen leiden. Die Aussage, die man immer wieder liest „Mein Hund verträgt das aber sehr gut“ bezieht sich schlicht darauf, dass der Hund das bislang überlebt hat. Wie seine Nieren, seine Leber und andere Entgiftungsorgane damit klarkommen und wie sich das dann anderweitig äußert, wird dabei nicht bedacht. Wenn ihr euren Hunden ein Spotonprodukt draufgemacht habt und feststellt, dass der Hund sich juckt und es einfach nicht verträgt, stellt ihr ihn eine halbe Stunde in die Dusche, und das Zeug ist so gut wie weg. Die Tablette ist drin und ob er sie verträgt oder nicht, merkt ihr erst, wenn er sie geschluckt hat. Und dann? Also: Finger weg.

Wir lösen das Problem so:

Mein Mann und ich finden diese ganze Panikmache übertrieben. Ja, es stimmt, dass Zecken unerfreuliche Krankheiten übertragen, aber nicht jeder, der mit irgendwas infiziert wird, wird krank oder stirbt, und nicht jede Zecke überträgt gleich Pest und Cholera. Das gleiche gilt für Flöhe. Nur weil mal einer auf meinem Hund rumhopst, bedeutet das nicht, dass ein ganzer Clan unser Haus besiedelt hat.

Unsere Hunde werden regelmäßig mehrfach täglich abgesucht, einfach beim Durchknuddeln. Die neuralgischen Stellen sind im Kopfbereich besonders an den Ohren, am Hals, an den Achseln und in der Leiste. Was wir finden, wird rausgemacht, entweder mit einer spitzen Pinzette oder mit einer Zeckenkarte. Wenn meine Fingernägel lang genug sind, auch mit den Fingernägeln. Wichtig ist, dass das schnell geht und die Zecke nicht unnötig lange gequescht wird. Dann wird die Zecke mit Papier zerdrückt und weggeworfen. Flöhe erkennt ihr daran, dass sich die Hunde sehr hektisch im hinteren Rückenbereich beissen, viel kratzen und so kleine, schwarze Kügelchen in der Bürste nach dem täglichen Bürsten hängenbleiben: das ist der Flohkot. Manchmal finde ich den Floh, das überlebt der dann nicht. Manchmal nicht, dann kann man man ihn – also den Hund – mit einer Mischung aus Wasser und Essig abwaschen. Das mögen Flöhe überhaupt nicht und wenn ihr rechtzeitig reagiert habt und ausserdem alle Liegestellen absaugt, ausschüttelt, evtl. in die Waschmaschine oder den Trockner steckt oder wenns kalt genug ist, in die frostige Nacht rauslegt, dann ist das Thema in der Regel schnell durch. Wenn ihr ganz sicher sein wollt, dann zieht ihr eben eine Woche jeden Tag eine etwas intensivere Säuberung eurer Wohnung durch.

Und NEIN: Zecken überleben weder das Zerdrücken noch das Ersäufen, sie müssen nicht unbedingt verbrannt werden, denn sie sind nicht unsterblich und wenn sie tot sind und sich nicht mehr rühren, dann sind sie tot. Da sind wirklich gruselige Schauergeschichten im Umlauf, bitte nicht alles glauben.

Unsere Hunde tragen EM-Halsbänder, das sind hübsche Halsbändchen, in die EM-Kügelchen (Effektive Mikroorganismen) eingeflochten sind. Diese Halsbänder werden 1x im Monat gewässert, in der Sonne getrocknet und dann wieder angezogen. Manche schwören auf Bernstein, das ist mir zu teuer, weil diese Halsbänder nicht sehr stabil sind und leicht kaputt gehen. Wenn man wissen möchte, was funktioniert, muß man das ausprobieren. Es klappt nicht alles bei allen.

1x täglich bekommen meine Hunde kleine Kekse ins Futter, die sie sehr lecker finden. Dazu schmelzt ihr 100 g Kokosfett, lasst das etwas abkühlen, und püriert es mit 1 zerdrückten Knoblauchzehe und 30-40 g Hefeflocken. Das streicht ihr auf einer flachen Platte aus, stellt sie in den Kühlschrank und wenn das Zeug fest ist, schneidet das in fingernagelgroße Stücke. Die bewahrt ihr im Kühlschrank auf und gebt eurem Hund jeden Tag was davon. Ihr könnt eure Hunde auch mit Kokosöl einreiben. Nachdem meine Hunde das so lecker finden, dass sie es dann abschlabern, lasse ich das bleiben.

Dann kann man seinem Hund sparsam (tropfenweise!) Schwarzkümmelöl ins Futter geben. Bei Hunden, die mit der Leber zu tun haben, wäre ich da vorsichtig, da Schwarzkümmelöl auf die Leber geht. Zecken mögen das Zeug gar nicht, eine Möglichkeit wäre also auch, eine Mischung mit Schwarzkümmel herzustellen, mit der man den Hund dann einreibt.

Dann reibe ich sie vor dem Spaziergang mit eine Mischung aus 1/4 Liter Essig, 1/4 Liter Wasser (1:1) und 1/4 eines Fläschchens „Zeckex“ von cdvet ein. Das hält auch die Mücken ganz gut ab, leider nicht die Pferdelausfliegen, und Zecken mögen das anscheindend auch nicht.

Es gibt so Duftmittel aus Teebaumöl, Neem und Geranium. Manche dieser natürlichen Sachen sind auch (!!!) giftig und sie riechen sehr stark, was für empfindliche Hundenasen sicher nicht toll ist. Deshalb nehme ich das nicht, bzw. vermische ich es mit Essig und Wasser, dann ist für die Hundenasen nicht mehr so schlimm.

Wer mit Homöopathie arbeitet, kann seinen Hunden Zeckennosoden geben. Ich gebe die ca. alle 6 Wochen.

Ein sehr guter Schutz ist Rohfütterung. Hunde, die roh gefüttert werden, haben nachweislich deutlich weniger Parasiten und kommen mit dem Befall auch besser klar. Der Grund ist ganz einfach: das Immunsystem von roh gefütterten Hunden ist einfach besser in Form, weil es sich nicht ständig mit Industrienahrung und den darin enthaltenen, schädlichen Stoffen auseinandersetzen muss. Die Darmflora ist gesünder und offenbar riechen roh gefütterte Hunde für Zecken auch nicht interessant.

In Gegenden, in denen es viele Wiederkäuer gibt, also Kühe, Hirsche, Rehe…. minimiert sich die Gefahr, dass Krankheiten durch Zecken übertragen werden. Sowie die Zecke an so einem Tier andockt, reinigt sie sich von Erregern, da sie ja nur auf die roten Blutkörperchen aus sind und irgendwann den Rest mit den Erregern wieder an das Wirtstier abgeben. Denen macht das nichts und für uns bedeutet das, dass viele Zecken in solchen Gegenden frei von Erregern sind.

Ich habe mit den Zecken einen Deal: was ich außerhalb von unserem Grundstück auf den Hunden finde, wird weggeschnipst, was innerhalb sich auf den Hunden rumtreibt, wird ermordet. Solange sie sich dran halten, kommen wir gut klar, die Zecken und ich.

Und nochmal, damit das nicht vergessen wird: Bei allen alternativen Mitteln müßt ihr bedenken, dass sie individuell sind, d.h. dass nicht jeder Hund auf alles gleich reagiert, wenn der eine mit Bernsteinketten oder EM-Halsbändern super klar kommt und kaum noch oder gar keine Zecken mehr hat, heißt das nicht, dass der andere auch damit klar kommt.

Und zum Schluß: Parasiten – oder was wir so nennen – sind nicht auf der Welt um uns zu ärgern und die Pharmaindustrie reich zu machen. Sie haben defintiv ihren Platz in der Welt, auch wenn uns das nicht gefällt. Wenn sich jetzt mehr und mehr Parasiten breit machen, weil durch die Klimaerwärmung, die Trockenheit und andere durch den Menschen verursachte Gründe ihre Verbreitung begünstigen, dann sollten wir nicht mit mehr Gift darauf reagieren, sondern uns Alternativen überlegen und es einfach auch mal aushalten, wenn sich eine Zecke oder ein Floh an unserm Liebling gütlich tut.

Kommt gut durch den Sommer und macht euch nicht verrückt!

Viele Grüße aus dem Forsthaus

Ute Rott

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Supernasen – Leben mit jagdbegeisterten Hunden – Leseprobe aus: „Mehr oder weniger gute Ideen, um Hunde vom Jagen abzuhalten“

Ausbremsen – Hier gehst du nicht hinein!

Eine lustige Idee – besonders für Zuschauer – dürfte der Vorschlag sein, breitbeinig vor das Gebüsch oder den Waldrand, hinter dem die Wildtiere lauern, zu springen und dem Hund, der vorhat sich abzuseilen, den Weg zu versperren. Lustig deshalb, weil man bei solchen Aktionen ganz schön schnell sein und über nahezu akrobatische Fähigkeiten verfügen sollte.

Stellen Sie es sich einfach bildlich vor: Ihre Susi hat gerochen, dass ca. 100 Meter hinter dem Busch ein Reh steht. Sie wird schneller und ist mindestens 20-30 Meter vor Ihnen. Irgendwann merken Sie, dass im wahrsten Sinne des Wortes was im Busch ist. In rasender Eile sausen Sie zu dem besagten Busch – falls Sie erkannt haben, welcher das ist – , schmeißen sich zwischen Susi und den Busch und stehen da wie ein Panzer: Da gehst du nicht rein! Ich vermute mal, Susi wird Sie und Ihre Bemühungen gar nicht bemerken, da sie schon längst hinter dem Reh her und über alle Berge ist. Eventuelle Passanten dagegen könnten richtig viel Spaß mit Ihnen und Ihrer skurrilen Vorstellung haben.

An der Leine wird das eine ganz merkwürdige Sache, denn da wird’s ziemlich kompliziert. Zum einen müssen Sie Susi daran hindern, ins Gebüsch zu schlüpfen ehe Sie dort sind. Also müssen Sie die Leine kurz nehmen und Susi irgendwie hinter sich bringen. Dann hüpfen Sie schnell vor und machen wieder den Panzer. Wenn Sie Pech haben, dann gibt’s ordentliche Verwicklungen und Sie landen auf der Nase. Keine schöne Vorstellung – außer für das interessierte Publikum.

Und bevor Sie fragen: nein, das habe ich nicht ausgetestet. Eine Praktikantin hat mir das mal in einem Buch gezeigt, das sie total toll fand, weil so schöne Fotos drin waren. Und das entsprechende Foto war richtig gut. Da stand die Hundetrainerin mit ausgebreiteten Armen vor dem Gebüsch und ihre Hunde standen sichtlich beeindruckt vor ihr auf dem Weg. Die Qualität des Fotos macht es allerdings nicht wahrscheinlicher, dass Sie eine so offensichtlich gestellte Situation vernünftig einüben und sicher ausführen können. Dass Sie auf der Nase landen und Susi trotzdem hinter dem Reh her düst, werden Sie so leider nicht verhindern.

…..

Training am Wildgatter

Eines der Hauptprobleme bei Wildsichtungen ist, dass die meisten Tiere fliehen, sowie sie uns und unsere Hunde bemerken. Das spornt unsere Pelznasen natürlich enorm an, da sie, wie wir weiter vorne gelesen haben, nicht gelernt haben, mit solchen Situationen klar zu kommen und sie richtig einzuschätzen. Ich empfehle deshalb allen meinen Kunden, das mit ihren Hunden zu üben, so lange sie noch jung sind und der Drang, hinterher zu rennen, noch nicht so ausgeprägt ist. Auch orientieren sich Welpen zu 100% an uns und machen nach, was wir vormachen. Wenn wir also stehenbleiben, den Hund für ruhiges Hinsehen loben und großzügig mit Keksen umgehen, und dann auch noch ruhig umdrehen und weggehen, wieder mit viel Lob und Guttis, dann haben Sie gute Karten, dass Ihr Hund versteht, was er bei flüchtendem Wild tun soll. Da es aber selbst in der wildreichen Uckermark nicht immer einfach ist, Wild zu treffen, und zwar so, dass man mit seinem Hund auch noch üben kann, bieten sich als Ersatz Wildgatter an.

Der große Vorteil von Wildgattern ist, dass die Damhirsche, die dort meistens anzutreffen sind, sich sehr ruhig verhalten. Sie wissen, dass ihnen von den Hunden und Menschen, die da stehen und sie anschauen, keine Gefahr droht. Ob ihr Geruch identisch ist mit dem von freilebenden Damhirschen, kann ich nicht beurteilen. Aber ich gehe davon aus, dass der Hund zunächst mal lernt, mit diesem Geruch ein ruhiges, evtl. eher langweiliges „Ich-schau-mir-das-in-Ruhe-an“-Gefühl zu verknüpfen. Wenn sich die Hirsche bewegen, evtl. sogar mal ein paar schnellere Schritte machen, kann man auch das mit „Wir gehen lieber weg“ verbinden, bzw. mit großem Lob und vielen Leckereien bestätigen, dass ruhiges Hinsehen und entspanntes Weggehen einfach nur großartig sind. Sehr viel mehr ist aber nicht drin. Wenn sich nie die Gelegenheit ergibt, etwas Vergleichbares in freier Natur zu üben, dann können wir uns nicht sicher sein, ob es im Ernstfall tatsächlich klappt, dass unsere Pelznase bei uns bleibt und nicht hinterher düst.

….. weiter geht’s auf Seite 63

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Supernasen – Leben mit jagdbegeisterten Hunden – Leseprobe aus: „Was bedeutet das: mein Hund jagt?“

…….

Wildcaniden hetzen erst los, wenn sie sich sicher sind, dass dieser Jagdversuch nicht beim Versuch bleibt, sondern vom Erfolg gekrönt wird. Als Jungtiere werden ihre Misserfolge – vielleicht – von ihren Eltern und anderen Rudelmitglieder abgefangen, aber Sie können davon überzeugt sein, dass junge Wildcaniden alles daransetzen, gute Jäger zu werden. Sie lernen rechtzeitig, wann es sinnlos ist, los zu sprinten und wann es Erfolg verspricht. Und genau das lernen die meisten unserer Hunde nicht. Das ist mit der Grund, warum man Videos von Wölfen im Internet findet, die ganz geruhsam an Rehen vorbeilaufen, durch weidende Kuhherden schlendern oder in angemessener Entfernung – wegen des Herdenschutzhundes – Schafherden passieren. Hunde leinen wir in der Regel in solchen Fällen an, weil sie nicht oder nicht ausreichend gelernt haben, damit umzugehen und die Situation richtig einzuschätzen.

Dazu kommt, dass wir mit diesen absurden und überflüssigen Wurfspielen Balljunkies erzeugen. Das Wort „Junkie“ nehmen Sie bitte wörtlich, denn die Hunde werden süchtig nach dem Adrenalinkick. Auch der ganze Körper wird geschädigt. Hunde sind Zehengänger, wenn sie losrennen oder eine Vollbremsung machen, geht die Hauptlast auf die Zehen. Sehen Sie sich bitte eine Darstellung eines Hundeskeletts an und überlegen Sie, was passiert, wenn ein Hund aus vollem Lauf abbremst, um einen Ball zu erwischen oder einen irren Sprung in die Luft mit anschließender Landung macht, um ein Frisbee zu fangen. Das geht immer durch den ganzen Körper und wenn Bello 4 bis 5 Jahre alt ist, wundern wir uns, warum er dauernd humpelt und Schmerzen hat. Dann rennen wir zum Tierarzt und zum Physiotherapeuten, aber die können dann auch nichts mehr ändern.

Jagen bedeutet also für Wildcaniden etwas komplett anderes als für unsere Couchpotatoes:
1. Wildcaniden lernen von Anfang an mit Misserfolgen umzugehen – wir verschaffen unseren Hunden bei Wurfspielen ein 100%iges Erfolgserlebnis.
2. Bei Wildcaniden endet der Jagdausflug entweder damit, dass man sich etwas anderes suchen muss oder dass man sich satt essen kann. Das können sie sehr schnell einschätzen und vermeiden damit unnötige Vergeudung ihrer Kräfte. Bei Hunden wird in der Regel das Spiel solange fortgesetzt, bis der Hund vollkommen am Ende ist oder bis der Mensch nicht mehr kann oder will, der Hund dagegen möchte überhaupt nicht aufhören. Unterbrechung solcher „Spiele“ durch den Hund sind in der Regel unerwünscht, er lernt es also nicht.
3. Nach einer erfolgreichen Jagd und dem ausgiebigen Mahl schlafen Wildcaniden ca. 6-8 Stunden. Das ist ziemlich genau die Zeit, die der Körper braucht, um die Mahlzeit zu verdauen und die für die Jagd notwendigen Stresshormone abzubauen. Ob nach einem wilden „Frisbeetraining“ für Hunde tatsächlich eine Pause möglich ist, kann bezweifelt werden, da viele dieser Hunde gar nicht mehr wissen, wie sie zu Ruhe kommen können. Darum quillt das Internet ja auch über mit Fragen: Wie bringe ich meinen Hund zur Ruhe?
4. Außer bei Kleintieren wie Mäusen jagen Wildcaniden gerne und erfolgreich im Rudel. Hunde brauchen für ihre „Jagdspiele“ nicht mal mehr einen Partner, denn es gibt jede Menge Apparate, die das Werfen übernehmen. Bei ihnen fehlt damit auch die soziale Komponente der gemeinsamen Jagd.

Für Wildcaniden bedeutet Jagen somit generell:
– eine lustvolle Tätigkeit, die mit einem guten Essen endet
– mit Mitgliedern der Familie gemeinsam eine wichtige Sache für alle zu erledigen
– die Fähigkeit zu erlernen, mit Misserfolgen fertig zu werden
– viele Varianten der Jagd auszuprobieren
– die eigenen Fähigkeiten und Talente nutzbringend für alle einzusetzen und damit Anerkennung zu bekommen
– das Wissen, dass sie sich und ihre Kinder im Notfall auch alleine durchbringen
– Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Für Hunde bedeutet Jagen in den meisten Fällen:
– das permanente Verbot, etwas zu tun, was eigentlich lebensnotwendig ist
– Ersatzbeschäftigungen, die nur ansatzweise den gleichen Erfolg bieten wie die richtige Jagd
– Ersatzbeschäftigungen, die krank machen
– die Unfähigkeit mit Misserfolgen fertig zu werden
– nur wenige Varianten der Jagd zu kennen, nämlich die, die der Mensch zulässt
– alles nur nach Aufforderung und Anweisung auszuführen
– keine Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten zu entdecken und zu entwickeln…..

Ganz schön frustrierend, finden Sie nicht?

….weiter geht’s auf Seite 27

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Supernasen – Leben mit jagdbegeisterten Hunden – Leseprobe aus „Jagen – nur ein Hundevergnügen?“

Wenn Menschen über das Jagdverhalten ihrer Hunde reden, dann hört sich das meistens nicht sehr nett an. Vorwürfe über Vorwürfe hageln auf den Hund herab. Denn er ist überhaupt nicht kooperativ, blendet unverschämterweise die Anwesenheit seines Menschen komplett aus, interessiert sich nicht im geringsten für den Mittelpunkt seiner Hundewelt….. Das Einzige, was den Vierbeiner dann noch interessiert, ist das Mauseloch, der Maulwurfshaufen, die Rehe, wahlweise Hasen auf der Wiese und was es an tierischen Versuchungen in der Welt sonst noch so gibt, und das geht überhaupt nicht. Denn das ist der klare Beweis dafür, dass er keine oder eine ganz schlechte Bindung an seinen Menschen hat.

Nachdem bei uns zwei Hunde leben, die sich ganz außerordentlich für das tierische Leben im Wald interessieren, der unser Haus umgibt, weiß ich sehr wohl, dass es nicht immer ganz einfach ist, mit solchen Hunden entspannt spazieren zu gehen. Aber ist das wirklich die Schuld der Hunde? Und hat das wirklich mit Desinteresse an uns oder einer schlechten Bindung zu tun?

Sehen wir uns doch mal an, welchen Freizeitbeschäftigungen Menschen frönen. Treiben Sie gerne Sport? Fußball oder Tennis? Oder segeln Sie gerne und nehmen auch mal an einer Regatta teil, egal ob aktiv oder als Zuschauer? Sammeln Sie irgendwas? Überraschungseier, Kaffeekannen oder Bierdeckel? Vielleicht lieben Sie auch Brettspiele wie Mensch-ärgere-dich-nicht oder Monopoly? Wenn Sie irgendeine der genannten Tätigkeiten tatsächlich gerne ausüben, geben Sie mir dann Recht, wenn ich sage, dass Sie gerne jagen? Denn was sind Fußball oder Tennis anderes als Jagdspiele? Auch eine Segelregatta oder ein anderer Wettbewerb – könnte man da nicht sagen, hier geht’s um die Jagd nach Erfolgen und Pokalen? Oder Sammlerleidenschaft. Jagen Sammler nicht von einem Flohmarkt, einem Trödlerladen, einer Auktion zur anderen immer auf der Suche nach dem neuesten Objekt der Begierde? Bei den Brettspielen wollen Sie auch vor allen anderen die höchste Punktzahl haben – jagen Sie da etwa nach Punkten?

Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie sich manche Auto- oder Radfahrer im Straßenverkehr benehmen? Ich könnte Ihnen Geschichten aus meiner Zeit im Außendienst erzählen, wie ich mir Rennen mit anderen Autofahrern auf der Autobahn geliefert habe, da würden Ihnen die Haare zu Berge stehen. War das was anderes als eine Jagd?

Wenn mein Mann begeistert verfolgt, ob Bayern München auch dieses Jahr wieder Deutscher Meister wird, heißt das dann, dass er mich nicht liebt? Oder dass seine Bindung an mich sehr schlecht ist? Finden Sie das lustig? Ich auch. Denn ich weiß ganz genau, dass das nicht stimmt. Genauso wenig wie bei Hunden.

Und was ist mit den „richtigen“ Jägern, mit denen, die tatsächlich mit Gewehr und allerhand mehr oder weniger sinnvoller Ausrüstung die Wälder und Wiesen unsicher machen? Die wirklich und wahrhaftig Tiere erschießen, entweder um sie zu essen oder als „Ungeziefer“ zu beseitigen oder um mit ihnen als Trophäe zu protzen. Diese Jäger und Jägerinnen geben richtig viel Geld aus, damit sie das dürfen und sie werden von vielen Menschen sehr bewundert und beneidet. Ihre Tätigkeit wird nach wie vor von den meisten Menschen als nützlich und notwendig erachtet.

Aber wenn Ihr Hund ein Mäuschen ausgräbt, dann begeht er ein Verbrechen?

….. weiter gehts auf Seite 10

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