Eine liebe Bekannte, Verena Werthmüller, hat den folgenden Beitrag auf Facebook gepostet. Das ist ein so senibles und wichtiges Thema, dass ich sie um die Erlaubnis gebeten habe, den Text hier zu veröffentlichen. Bitte lest das, verbreitet den Text und nehmt ihn euch zu Herzen.
Weil ich jetzt das xte Mal lese „der Hund muss weg, weil es mit den Katzen, den anderen Hunden etc. nicht funktioniert“, muss ich das jetzt mal loswerden:
Nein, vier oder sechs Wochen sind nicht genug Zeit, um sich an eine veränderte Situation zu gewöhnen! Kein Hund ist nach 4 Wochen angekommen, da fangen sie gerade mal an, ihr Köfferchen auszupacken! Ein Hund, der vorher nie mit Katzen zusammen gelebt hat, braucht vielleicht länger als 6 Wochen, um sich daran zu gewöhnen (plus vernünftiges Training!). Und nach einer Kastration braucht eine Hundegruppe vermutlich auch mehr als ein oder zwei Monate, um sich an veränderte Gerüche, Verhalten etc. zu gewöhnen. Da brechen Unsicherheiten auf und unsere Aufgabe als Frauchen oder Herrchen ist es, genau dann Halt und Sicherheit zu geben und zwar allen Seiten. Aber ich beobachte zunehmend, dass man dadrauf keinen Bock hat. Da werden ein paar Trainer als Autoritäten bestellt, die dann den Kopf wiegen und sagen, das ist schwierig und besser für alle, man gibt den Hund, der nicht funktioniert, weiter. Natürlich zum Wohl aller, besonders des Hundes. Ist das tatsächlich so, oder ist man nur zu bequem, mit einer Situation umzugehen? Das beste aller Zuhause, das man für den Tierschutzhund gefunden hat – aber er kommt einfach nicht mit den Katzen klar (nach 4 Wochen!). Da muss er leider gehen. Aha. Ein wirklich gutes Zuhause – aber nur für den perfekt angepassten Hund.
Wer von uns ist eigentlich nach einem Umzug in ein anderes Land, mit neuer Sprache und neuer Familie nach 4 Wochen angekommen? Wer von uns ist nach 8 Wochen nach einer Entfernung der Eierstöcke wie früher? Wer von uns, der plötzlich mit einer Spezies auf dem Sofa kuscheln soll, die er vor vier Wochen noch als essbar betrachtete, ist dazu in der Lage?
Und von unseren Hunden verlangen wir das? Oder geht es um den leichten Ausweg, weil man sich heutzutage in den Tinder-Zeit nicht mehr die Zeit nimmt, Dinge auch mal auszuhalten und den Hunden zuzugestehen, dass sie irritiert sind und ihre Zeit brauchen, um sich an Dinge zu gewöhnen? Man auch mal Dinge trainieren muss, mit Trenngittern und Hausleine und vielleicht sogar Maulkorb arbeiten und den Tieren Zeit geben muss, sich langsam an eine veränderte Situation zu gewöhnen? Weil sie die heile Welt stören? Und das kann halt auch mal ein halbes Jahr dauern! Meine Hunde sind nun vier oder fünf Jahre bei mir – und sie kommen immer noch an! Leslie wird frecher, Trudy entspannter und Reina kooperiert immer mehr.
Mein Ex und ich haben in 2 Jahren 10 Hunde aus dem Tierschutz adoptiert. Und ja, das war Wahnsinn und wir würden das heute nicht wieder so tun. Aber wir haben gehadert und mit unseren Hunden zusammen gekämpft – und wir sind nach und nach zusammen gewachsen.
Es war eine chaotische Zeit, in der uns sämtliche Körbchen und die Couch explodiert sind, alle Bücher „gelesen“ und sämtliche Möbel angenagt. Die Tomaten vom Esstisch geklaut und überall auf der Couch verteilt. Bis heute kann ich keinen Teppich und keinen Teppichboden haben, weil einer der Hunde nicht komplett stubenrein ist.
Ich verlange von niemandem, dass er sowas mitmacht und natürlich muss man eine Situation, die für alle Seiten belastend ist, irgendwann auch beenden. Aber man muss sich zuerst auch gegenseitig die Zeit geben, zusammen zu wachsen. Und das erwarte ich von jedem, der sich einen Hund ins Haus holt. Weil der Hund sich das nämlich nicht ausgesucht hat, wir aber schon. Und wir sind ihm verdammt nochmal zumindest schuldig, ihm die Zeit zu geben, die er braucht zum Ankommen oder um sich auf Veränderungen einzustellen.
Verena Werthmüller