Supernasen – Leben mit jagdbegeisterten Hunden – Leseprobe aus: „Mehr oder weniger gute Ideen, um Hunde vom Jagen abzuhalten“

Ausbremsen – Hier gehst du nicht hinein!

Eine lustige Idee – besonders für Zuschauer – dürfte der Vorschlag sein, breitbeinig vor das Gebüsch oder den Waldrand, hinter dem die Wildtiere lauern, zu springen und dem Hund, der vorhat sich abzuseilen, den Weg zu versperren. Lustig deshalb, weil man bei solchen Aktionen ganz schön schnell sein und über nahezu akrobatische Fähigkeiten verfügen sollte.

Stellen Sie es sich einfach bildlich vor: Ihre Susi hat gerochen, dass ca. 100 Meter hinter dem Busch ein Reh steht. Sie wird schneller und ist mindestens 20-30 Meter vor Ihnen. Irgendwann merken Sie, dass im wahrsten Sinne des Wortes was im Busch ist. In rasender Eile sausen Sie zu dem besagten Busch – falls Sie erkannt haben, welcher das ist – , schmeißen sich zwischen Susi und den Busch und stehen da wie ein Panzer: Da gehst du nicht rein! Ich vermute mal, Susi wird Sie und Ihre Bemühungen gar nicht bemerken, da sie schon längst hinter dem Reh her und über alle Berge ist. Eventuelle Passanten dagegen könnten richtig viel Spaß mit Ihnen und Ihrer skurrilen Vorstellung haben.

An der Leine wird das eine ganz merkwürdige Sache, denn da wird’s ziemlich kompliziert. Zum einen müssen Sie Susi daran hindern, ins Gebüsch zu schlüpfen ehe Sie dort sind. Also müssen Sie die Leine kurz nehmen und Susi irgendwie hinter sich bringen. Dann hüpfen Sie schnell vor und machen wieder den Panzer. Wenn Sie Pech haben, dann gibt’s ordentliche Verwicklungen und Sie landen auf der Nase. Keine schöne Vorstellung – außer für das interessierte Publikum.

Und bevor Sie fragen: nein, das habe ich nicht ausgetestet. Eine Praktikantin hat mir das mal in einem Buch gezeigt, das sie total toll fand, weil so schöne Fotos drin waren. Und das entsprechende Foto war richtig gut. Da stand die Hundetrainerin mit ausgebreiteten Armen vor dem Gebüsch und ihre Hunde standen sichtlich beeindruckt vor ihr auf dem Weg. Die Qualität des Fotos macht es allerdings nicht wahrscheinlicher, dass Sie eine so offensichtlich gestellte Situation vernünftig einüben und sicher ausführen können. Dass Sie auf der Nase landen und Susi trotzdem hinter dem Reh her düst, werden Sie so leider nicht verhindern.

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Training am Wildgatter

Eines der Hauptprobleme bei Wildsichtungen ist, dass die meisten Tiere fliehen, sowie sie uns und unsere Hunde bemerken. Das spornt unsere Pelznasen natürlich enorm an, da sie, wie wir weiter vorne gelesen haben, nicht gelernt haben, mit solchen Situationen klar zu kommen und sie richtig einzuschätzen. Ich empfehle deshalb allen meinen Kunden, das mit ihren Hunden zu üben, so lange sie noch jung sind und der Drang, hinterher zu rennen, noch nicht so ausgeprägt ist. Auch orientieren sich Welpen zu 100% an uns und machen nach, was wir vormachen. Wenn wir also stehenbleiben, den Hund für ruhiges Hinsehen loben und großzügig mit Keksen umgehen, und dann auch noch ruhig umdrehen und weggehen, wieder mit viel Lob und Guttis, dann haben Sie gute Karten, dass Ihr Hund versteht, was er bei flüchtendem Wild tun soll. Da es aber selbst in der wildreichen Uckermark nicht immer einfach ist, Wild zu treffen, und zwar so, dass man mit seinem Hund auch noch üben kann, bieten sich als Ersatz Wildgatter an.

Der große Vorteil von Wildgattern ist, dass die Damhirsche, die dort meistens anzutreffen sind, sich sehr ruhig verhalten. Sie wissen, dass ihnen von den Hunden und Menschen, die da stehen und sie anschauen, keine Gefahr droht. Ob ihr Geruch identisch ist mit dem von freilebenden Damhirschen, kann ich nicht beurteilen. Aber ich gehe davon aus, dass der Hund zunächst mal lernt, mit diesem Geruch ein ruhiges, evtl. eher langweiliges „Ich-schau-mir-das-in-Ruhe-an“-Gefühl zu verknüpfen. Wenn sich die Hirsche bewegen, evtl. sogar mal ein paar schnellere Schritte machen, kann man auch das mit „Wir gehen lieber weg“ verbinden, bzw. mit großem Lob und vielen Leckereien bestätigen, dass ruhiges Hinsehen und entspanntes Weggehen einfach nur großartig sind. Sehr viel mehr ist aber nicht drin. Wenn sich nie die Gelegenheit ergibt, etwas Vergleichbares in freier Natur zu üben, dann können wir uns nicht sicher sein, ob es im Ernstfall tatsächlich klappt, dass unsere Pelznase bei uns bleibt und nicht hinterher düst.

….. weiter geht’s auf Seite 63

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