Wo du hingehst, da will auch ich hingehen – Sind Hunde wirklich lieber mit Menschen als mit Hunden zusammen?

von Ute Rott
Forsthaus Metzelthin

 

In letzter Zeit liest mal vermehrt Artikel, in denen die Theorie vertreten wird, dass Hunde in den meisten Fällen, wenn nicht überhaupt die Gesellschaft von Menschen der von Hunde vorziehen. Solche Hunde gibt es, ohne Frage. Und ich glaube auch, dass die meisten dieser Artikel geschrieben werden, um zu belegen,  dass Hunde und Menschen sehr innige Freunde sein können, so innig, dass sie auf die Gesellschaft von Artgenossen verzichten können.

Menschen, die Sätze sagen wie: „wer die Menschen kennt, liebt die Tiere“ sind mir immer ein bisschen unheimlich. Ja, ich ziehe die Gesellschaft meiner Hunde auch der von vielen Menschen vor. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich zugunsten meiner Hunde alle Sozialkontakte abbreche und meine Kontakte zu menschlichen Artgenossen auf das absolute Minimum reduziere. Wer das tut und infolgedessen als asozial eingestuft wird, sollte sich nicht wundern.

Aber bei Hunden ist das eine erwünschte Erscheinung? Das kann ich nicht glauben. In meinen Augen ist es ein großes Geschenk, dass wir nicht nur mit unseresgleichen freundschaftliche Beziehungen knüpfen und innige Bindungen eingehen können, die von Liebe und gegenseitigem Vertrauen geprägt sind, sondern eben auch mit anderen Tieren. Eine der innigsten Mensch-Tier-Beziehungen ist unsere Beziehung zu Hunden. Ich denke, man kann das 1:1 auch für Hunde sagen. Wir sind in der Lage, uns gegenseitig in schwersten Lebenskrisen beizustehen, wir können die Gefühle und Gedanken des jeweils anderen nachvollziehen und spüren, wir ergänzen und verstehen uns wortlos. Dafür können wir nicht dankbar genug sein. Aber wenn wir anfangen, von Hunden zu fordern, dass wir für sie wichtiger sind als andere Hunde, dann wird es etwas schwierig, und zwar für unseren besten vierbeinigen Freund.

Menschen, die solche Theorien vertreten, tun dies aus nachvollziehbaren und verständlichen Gründen. Wir leben in komplizierten Zeiten, in denen soziale Beziehungen nicht sehr zuverlässig und häufig auch nicht sehr belastbar sind. Jeder von uns macht da so seine Erfahrungen. Natürlich sehnt man sich dann nach etwas zuverlässigem, nach einem Lebewesen, das einen bedingungslos so liebt, wie man ist, das einen nie verlässt und alles und jeden stehen lässt – nur um mit mir zusammen sein zu dürfen.

Aber so etwas darf ich von meinem Hund nur verlangen, wenn ich bereit bin, das gleiche zu tun. Und wer ist das schon? Bin ich bereit, zuhause zu bleiben, anstatt mit meinen Freundinnen mal einen drauf zu machen, nur damit mein Hund dann nicht allein bleiben muss? Bin ich bereit, jede meiner Lebenslagen so zu gestalten, dass es vor allem für meinen Hund optimal ist? Das würde beispielsweise bedeuten, dass ich nur eine Arbeit annehme, bei der er dabei sein kann, dass ich mir nur Partner und Freunde aussuche, die Hunde genauso lieben wie ich. Bin ich bereit, meinen Hund so zu ernähren, dass es für ihn gut ist und nicht nur für meinen Geldbeutel, was im Klartext heißt, dass ich ihm frischen Pansen beim Metzger kaufe und auch für ihn kleinschneide…….

Ich kenne niemanden, der das schafft, selbst wenn er es möchte. Wir sind viel zu stark eingebunden in diese Welt und die notwendigen sozialen Beziehungen, als so etwas realisieren zu können. Und es ist auch nicht wünschenswert, denn nur die Vielzahl der Beziehungen bringt uns weiter.

Und unsere Hunde? Ich denke, das gilt auch für sie. Es erscheint mir nicht erstrebenswert, einen Hund so von mir abhängig zu machen, dass er sich nicht einmal mehr für andere Hunde interessiert. Hunde müssen auch mit anderen Hunden freundschaftliche Kontakte pflegen können. Nicht jeder Hund muss mit anderen Hunden zusammen leben um glücklich zu sein. Wir leben ja auch nicht alle in großen Wohngemeinschaften. Aber Sozialkontakt zu anderen Hunden, sei es bei der Hunderunde oder einer Hundegruppe in der Hundeschule, bei der die Hunde eben nicht permanent von ihren Menschen mit Beschlag belegt werden, sind eine absolute Notwendigkeit und ein wichtiges Bedürfnis, dessen Befriedigung wir gewährleisten müssen.

Es gibt jede Menge Dinge, die können Hunde von uns nur sehr bedingt oder gar nicht lernen. Die Feinheiten der Hundesprache lernen sie nur im Umgang mit anderen Hunden, auch hundegerechtes Spielen ist mit Menschen nur eingeschränkt möglich – oder lieben Sie Kampfspiele, bei denen Sie sich spielerisch in Ihren Partner verbeissen? Und welcher Mensch ist schon in der Lage, einfach mal einen warmen Sonnentag gemütlich im Garten zu verdösen?

Immer wieder trifft man auf Hunde, die aus verschiedenen Gründen extrem abhängig von ihrem Menschen sind. Die Ursache kann beispielsweise sein, dass sie aus schlechter Haltung kommen und endlich ein gutes Zuhause gefunden haben, oder sie haben so schlechte Erfahrungen mit ihren Artgenossen gemacht, dass sie eben keine Lust mehr auf andere Hunde haben und sich deshalb um so stärker an ihren Menschen anschließen. Es kann eine wunderschöne Aufgabe sein, solchen Hunden zu zeigen, dass das Leben auch dann noch lebenswert ist, wenn der Mensch mal nicht da ist, dass sie sehr wohl in der Lage sind, allein Probleme zu lösen und (!) dass die Gesellschaft von anderen Hunden eine wunderbare Bereicherung ist.

In der Welpen und Junghunderziehung ist einer der wichtigsten Aspekte die freundliche Heranführung an andere Hunde, viel wichtiger als „sitz, platz, Fuß“, auch wenn viele Menschen das nicht glauben. Wer einmal gesehen, wie begeistert junge Hunde von einem freundlichen Althund sind, der ihnen ganz behutsam ein wenig von der großen Welt zeigt, der weiß, dass diese Theorien nicht stimmen können, oder nur sehr bedingt. Alle Welpen und Junghunde, die bei mir unseren netten Nachbarshund Anton kennen lernen, lieben ihn heiß und innig und er ist definitiv ihr großes Vorbild in hundlichen Belangen. Manchmal spüre ich bei den Menschen dann ein wenig Eifersucht – überflüssig, aber leider wahr.

Wenn wir die Liebe unserer Hunde ein wenig mit der Liebe zu anderen Hunden teilen müssen, dann leben unsere Hunden besser, und damit leben auch wir besser. Liebe und Glück gehören zu den Reichtümern, die sich – mindestens – verdoppeln, wenn man sie teilt.

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