Ute Rott
Forsthaus Metzelthin
Wir Menschen sind ein komisches Volk und wir sollten uns nicht wundern, daß Hunde einfach viel zu oft Probleme haben, uns zu verstehen. Das folgende Beispiel habe ich ganz genau so in einem meiner Leinenführigkeitsseminare erlebt und fast täglich bekomme ich immer neue Varianten vorgeführt: ein Mensch geht mit seinem Hund an der Leine die Straße lang und möchte an der nächsten Straßenecke abbiegen. Der Hund läuft vorne weg und schnüffelt an genau diesem Eck. Der Mensch bleibt stehen – hinter seinem Hund – und warten, bis der fertig ist. So weit, so nett. Dann geht der Hund weiter und weil er keine Ahnung hat, wo sein Mensch hin möchte, geht er gerade aus. Und jetzt kommts: der Mensch geht – an straffer Leine, weil er sich dagegen lehnt, um den Hund abzubremsen – immer schnurstracks hinter dem Hund her und ruft irgendwann ziemlich unfreundlich: „Nein, wir gehen hier nicht lang!“
Wie bitte? Er sagt seinem Hund, daß sie genau das, was sie gerade tun, nicht (!) tun? Ohoh!
Was soll der Hund denn da verstehen? Ach ja, genau, wir wollten ja rechts abbiegen, weil gestern sind wir links abgebogen? Na klar, mein Mensch hats eilig, deshalb treibt er mich – mit unfreundlichen Tönen – vor sich her? Keine Ahnung, was der will, aber ich geb mal Gas, dann entkomme ich ihm vielleicht?
Persönlich halte ich die letzte Variante für sehr wahrscheinlich, denn man muß sich nur in die Lage des Hundes versetzen, der einfach genauso gut Deutsch kann wie ich z.B. Chinesisch. In China wäre ich vollkommen darauf angewiesen, daß mir die Einheimischen mit deutlich verständlicher Körpersprache – und den entsprechenden Worten dazu – mitteilen, was sie von mir wollen. Und wenn ich lange genug in China war, dann weiß ich irgendwann, daß die oben geschilderte Situation „abbiegen“ bedeutet und verstehe auch die Worte dazu, wenn mein Begleiter folgendes macht:
An der Ecke, die ich genauer untersuchen wollte, geht er langsam an mir vorbei, so daß ich in Ruhe meine Untersuchung zu Ende bringen kann. Dann stellt er sich schon mal in die richtige Richtung und wenn ich fertig bin, zeigt er mit einer freundlich auffordenden Geste in die Richtung, in die wir weitergehen und sagt – auf chinesisch: „hier gehen wir lang“.
Überraschung: mit Hunden klappt das ganz prima. Noch ’ne Überraschung: so man das mehrfach wiederholt und womöglich auch beibehält, wird Bello in Zukunft einfach mehr auf seinen Menschen achten, könnte ja sein, daß der nach einer kurzen Erkundungspause eine andere Richtung einschlagen möchte.
Daß Vorbeugen besser ist als Heilen, weiß jeder, der schon mal rechtzeitig etwas gegen eine evtl. drohende Erkrankung unternommen hat. Ist ja irgendwie logisch, daß man einen bestehenden, guten Zustand festigt und beibehält. Aber es stimmt eben auch in der Hundeerziehung. Und man kann sich viele kluge Gedanken über Führung und Beziehung und Bindung machen, wenn man ein paar ganz einfache Regeln nicht beachtet, sind die klugen Gedanken leider nur für die Katz‘. Wenn ich meinem Hund in allen Lebenslagen, die für ihn kompliziert werden können, rechtzeitig Bescheid sage, was es an friedlichen und freundlichen Lösungsmöglichkeiten gibt und einfach darauf verzichte, immer alles mit „nein“ und „hör auf damit“ zu belegen, dann bin ich beim Vorbeugen und muß gar nicht erst mit Heilen anfangen.
Gute Idee? Gute Idee. Also, probierts einfach mal aus, wo und wann das überall möglich ist. Dann das klappt nicht nur bei Leinenführigkeit, sondern auch bei Begegnungen mit Radfahrern, Joggern, Motorradfahrern, unfreundlichen Hunden, Tretrollern, schreienden Kindern, beim Abrufen oder anderen Kommandos………… Vielleicht lesen wir dann hier mal die eine oder andere Geschichte in den Kommentaren, wo und wie und wann das klappt und was ihr für gute Ideen zur Umsetzung habt.