von Ute Rott – Forsthaus Metzelthin
Einfach mit Hunden zu leben ist nicht mehr angesagt. Man muß sich schon irgendwie aus der Masse hervorheben und richtig gut ist es, wenn man andere dann mit seinen Ideen beglücken kann. Das geht relativ einfach. Hier können Sie nachlesen, wie Sie das ganz locker hinkriegen.
Man nehme die eigene Biografie, konstruiere aus – eigentlich – ganz gewöhnlichen Hundebeziehungen eine für andere ausgefallene Beziehung und daraus die einmalig supertolle und nur bei mir erhältliche Methode im Umgang mit Hunden. Das kann etwa die eigene Herkunft aus einem Land sein, in dem mit Hunden eher kernig umgegangen, also nicht viel Federlesens gemacht wird, das kann aber auch die Aussteigerkarriere sein, die einen in irgendeinem abgelegenen, weltfremden Dorf mit Hunden zusammengebracht hat, deren Leben mit dem Hundeleben z.B. in einer deutschen Großstadt nicht viel zu tun hat. Irgendwelche Grundkenntnisse allgemeinerer Art wie z.B. über Ausdrucks-, Sozial- oder Aggressionsverhalten oder gar Beschwichtigungssignale sind nicht zwingend erforderlich. Ebenso muß man nicht mal ansatzweise genauere Kenntnisse von rassetypischen Eigenschaften vorweisen können, denn man selber ist so supergut und offen um Umgang mit Hunden, daß die einem eh alles erzählen. Wozu muß ich da den Unterschied zwischen einem Jagd- und einem Hütehund kennen?
Ganz gut ist auch noch, wenn man pauschal behauptet, man hätte „Hundepsychologie“ studiert. Die zugehörige Uni muß man nicht angeben. Dürfte vermutlich schwer fallen, da es die meiner bescheidenen Kenntnis nach auch nicht gibt. Fortbildungen sind sowieso überflüssig, selber ist man so überragend, daß der Rest der Welt zu mir kommen muß, nicht ich anderen – angeblichen – Fachleuten nachlaufen muß.
Dann ist von großem Vorteil, wenn man ominöse Promis zitiert, die man aber nicht beim Namen nennen möchte, da die das nicht wollen. Versteht jeder, schließlich wollen die auch mal Privatleben. Wichtig ist: man hat ihnen endlich geholfen, mit ihren Vierbeinern klar zu kommen, und erhält dafür ungeheure Summen Geldes, die gewöhnlichen Trainern die Augen tropfen lassen. Das muß man natürlich erwähnen, sonst bringt es nix.
Falls man keine Promis zur Verfügung hat, nennt man eine gewaltige Zahl an Hunden, mindestens vierstellig, mit Hinweis auf bald fünfstellig, die man alle nachhaltig und großartig therapiert hat. Dabei muß man sich nicht davon irritieren lassen, daß rein rechnerisch diese Zahl nicht realisierbar ist, z.B. 6.000 Hunde in 12 Jahren hört sich super an. Rechnet eh keiner nach.
Und schließlich hebt man sich aus der Masse der anderen Hundetrainer noch hervor, indem man mit den Hunden tanzt oder flüstert oder beides. Dies untermauert man mit dekorativen Fotos – so man selber fotogen ist -, in denen man anmutig mit seinen Wauwis durchs Wasser hopst oder auf denen eindrucksvoll demonstriert wird, wie man 20 und mehr Hunde durch die Lande jagt, und die trauen sich nicht, einen zu überholen. Sehr beeindruckend sind auch Bilder, bei denen Hunde sich vor einem auf den Rücken legen, angeblich einfach so, weil man selber das jetzt möchte. Der Vorteil an Fotos ist nämlich, daß man nicht riechen kann, wenn der Hund sich vor lauter Angst vollpißt.
Wenn man jetzt noch einen Gleichgesinnten findet, der auch flüstert und / oder tanzt, und sagen kann: der / die macht das auch ganz toll, dann nehme ich mir den als Vorbild, dann spart man sich den Hinweis darauf, daß die anderen Nulpen sind. Das ist hiermit klar.
Sehr hilfreich sind gute Kontakte zu den Medien. Dabei kann einem nützen, daß man die eigenen Hunde so dermaßen unter Kontrolle hat – die also schon fürs Atmen einen Antrag stellen -, daß die Medienkumpels, die nicht soo viel Ahnung haben, einfach nur beeindruckt sind und sofort einen Riesenwirbel um einen machen.
In seinen Veröffentlichungen muß man nicht allzu zimperlich sein. Man kann sich etwa seitenlang drüber auslassen, daß alles das, was man Hunden so antun kann, gar nicht soo schlimm ist, man muß es nur richtig anwenden. Dann werden Stromreizgeräte und Würgeketten auf einmal zum lieblichen Dekor. Auch die Erwähnung irgendwelcher Fachausdrücke machen sich gut. Selbst wenn man selber keine Ahnung hat, daß Konditionierung von Kondition (= Bedingung) kommt, kann man einfach so tun, als hätte das mit Konditorei zu tun. Und damit arbeitet man nun wirklich nicht, wenns um Hunde geht.
Einer wichtigsten Begriffe ist das Wort „E N E R G I E“. Weils so wichtig ist, habe ich es groß geschrieben, damit es keiner überliest. Selbst wenn man eine Ausstrahlung wie ein Henker kurz vorm Zuschlagen mit dem Hackebeil oder wie eine Domina beim Straffziehen der Fesseln hat, ist die Energie, die man auf den Hund ausstrahlt so dermaßen positiv, daß der Hund gar nicht anders kann, als alles zu tun, was man möchte. Ein gleichbleibend kühles Lächeln hat sich als sehr überzeugend erwiesen. Energie ist einfach überhaupt gut, per se gewissermaßen. Das erklärt dann auch wieder, warum sich die Hunde in der Nähe genau dieser Supertrainer – Entschuldigung, Flüsterer und Tänzer so besonders wohl fühlen.
Ein weiterer wichtiger Begriff, den man wirklich nie vergessen darf, ist „Kontrolle“. Kontrolle ist ganz was schreckliches, vor allem wenn Hunde kontrollieren. Menschen dürfen das. Menschen dürfen Hunde kontrollieren von der Wiege bis zur Bahre, das ist erlaubt. Wenn Hunde das auch möchten. dann haben sie leider den falschen Lebensweg gewählt. Wären sie doch einfach Menschen geworden, aber vermutlich sind sie einfach noch nicht auf dem richtigen Level. Also: Hunde dürfen uns nie und nimmer kontrollieren, ganz egal, was wir mit ihnen machen, ganz egal, was sie hinter sich haben, ganz egal, ob das ein Grundbedürfnis ist oder nicht. Hunde haben die Kontrolle abzugeben, und zwar zuerst z.B. an die Tänzerin und dann an den zugehörigen Menschen. Das heißt dann: „ich übernehme jetzt die Verantwortung“. Da freut er sich aber, der Bello und kann sich endlich mal richtig entsapnnen.
Nicht vergessen: es gibt viele Menschen, denen es ziemlich egal ist, was ein Hund so zum Leben braucht. Die einfach ein Leben gemäß der herrschenden Regel „fit for fun 24 hours a day“ leben möchten, und da gehört eben ein Hund dazu, Macht nix, wenn das für den nicht so toll ist, holt man sich eben die Tänzer und Flüsterer ins Haus. Die kriegen das dann prima hin, und noch dazu artgerecht, fachlich korrekt und garantiert gewaltfrei. Genau: gewaltfrei sind wir alle, das ist ja logisch, sonst würden die Hunde ja leiden, oder? Wer so eine Einstellung hat, ist der ideale Kunde für alle Tänzer und Flüsterer.
Sie glauben nicht, daß das klappt? Dann sehen Sie sich mal um und überprüfen Sie sich doch mal selber. Wie oft haben Sie in der letzten Zeit eine Sendung über so einen Superprofi gesehen und waren schwer beeindruckt? Wie oft haben Sie hinterfragt, warum dessen Methoden eigentlich funktionieren? Wie oft haben Sie überprüft – oder überpüfen können – wie nachhaltig das alles ist?
Und jetzt noch eine Kleinigkeit zum Nachdenken: warum ist es ausgerechnet bei Hundetrainern so, daß man laut verkünden darf, keine Ausbildung zu haben, sich alles aus den Fingern zu saugen, daß man lauthals seine Unkenntnis des kleinen Einmaleins rausposaunen darf, und das gilt dann als Kompetenz?
21 Kommentare zu Anleitung für alle, die mit Hunden flüstern und tanzen möchten