Das überflüssige Drama mit dem Rückruf

Einen Hund abzurufen ist ganz einfach:
– ich spreche ihn freundlich an
– er kommt zu mir
– ich freue mich darüber, dass er kommt,
– wenn er bei mir ist, freue ich mich noch mehr
– und natürlich gibt als Dankeschön für diese tolle Aktion auch ein oder mehrere tolle Leckerchen.
– Und dauerhaft machen wir daraus ein schönes, vergnügliches Spiel.

So einfach. Kein Scherz. Das klappt mit jedem Hund, nur halt nicht immer.

Welpen kommen immer, ausser man gewöhnt es ihnen ab, indem man sie permanent nervt. Zum Beispiel, wenn sie immer erst sitzen müssen, oder gerade sitzen müssen, oder auf der falschen Seite sitzen, oder wenn das Abrufsignal x-beliebig ist – mal so – mal so, oder wenn man sie immer ruft, wenn sie gerade mit etwas total wichtigem befasst sind, weil „jetzt ist er gerade ablenkt, jetzt ruf ich ihn mal“…. Die Liste menschlicher Verfehlung ist sehr, sehr lang.

Schon mal drüber nachgedacht, dass Hunde sich gegenseitig auch rufen? Und dass der Gerufene kommt – oder eben auch nicht? Weil unter Hunden ist das nämlich freiwillig. Wenn der eine den anderen braucht zum Radfahrer am Zaun verbellen und der andere sich aber gerade mit Herrchen ein Leberwurstbrot teilt, dann bleibt er vermutlich lieber beim Leberwurstbrot. Und trotzdem ist alles ok. Da gibts keine Therapiemaßnahmen von wegen schlechter Bindung oder sonstigem Unfug.

Kalla freut sich einfach, dass sie zu mir kommen darf!

Wir Menschen hätten das gerne anders. Wir hätten gerne, dass er auch kommt, wenn ein Leberwurstbrot die Alternative ist. Das ist auch in Ordnung, aber dann müssen halt so eine theoretisch freiwillige Aktion zu einem gut aufgebautem und sicheren Signal machen. Wenn wir das natürlich als Selbstverständlichkeit betrachten, sofort auf Drama machen und einfach nicht ordentlich üben, dann wird das nix.

Denn Junghunde zum Beispiel haben total gute Ideen, wie sie mit unseren Ideen umgehen können. Für die sind das einfach Vorschläge, die man sich mal durch den Kopf gehen lassen und entscheiden kann, ob man dem Vorschlag nachkommt oder auch nicht. Und da ist der Radfahrer, der am unangeleinten Hund vorbeidüst und ihn regelrecht zum Mitrennen auffordert, halt einfach wichtiger als Frauchen, das sich die Seele mit den unterschiedlichsten Signalen aus dem Leib schreit. Ist doch logisch, oder?

Mit schlechter Bindung hat das nix zu tun, eher mit menschlicher Unfähigkeit und wenig Einfühlungsvermögen.

Ganz gruselig wird es, wenn Menschen, wenn Fiffi endlich da ist, folgendes machen:
– sofort nach dem Geschirr grapschen, festhalten und anleinen
– das Leckerchen mit der Bemerkung „na, das war ja jetzt keine Glanzleistung“ (oder was ähnlich orignelles) wieder einstecken
– oder – auch eine gute Idee – ihn gleich wieder wegschicken.

Zum Festhalten usw.: was glaubt ihr, wie oft ein Hund sowas mitmacht? Nicht lange. Im günstigen Fall kommt er noch in eure Nähe oder rennt wie der Blitz vorbei, oder er interessiert sich überhaupt nicht mehr.
Zum Leckerchen wegstecken: also wenn mir jemand was verspricht und das mehrfach mit absurden Argumenten nicht einhält, dann interessiert mich der auch nicht mehr. Und Hunden gehts vermutlich genauso.
Zum Wegschicken, das ich übrigens sehr oft sehe: warum sollte ein Hund überhaupt erst kommen, wenn ihr ihn dann gleich wieder wegschickt? Ich glaube, die Hunde finden das sehr verwirrend, ich übrigens auch, denn wenn ich meinen Hund nicht bei mir haben möchte, schicke ich ihn doch nicht weg. Oder?

Wir sollten uns also man schön selber an die Nase fassen, wenn das nicht klappt und einfach drüber nachdenken, wie wir das freundlich und friedlich ändern können.

Es gibt übrigens ein schönes Buch von mir zum Thema:

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