Der folgende Text kann unter Angabe der Urheberschaft jederzeit und überall veröffentlicht werden:
Sehr geehrte Damen und Herren der Zeitschrift dogs,
in Ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlichen Sie ein ausführliches Interview (5 eng beschriebene Seiten) mit Michael Grewe zu der sog. Schüsselaffäre. Im Anschluß daran kommen vier Trainer, bzw. Hundepsychologen, die sich von dieser Art des Umgangs distanzieren, immerhin auch auf 4 Seiten zu diesem Thema zu Wort.
Es scheint so, als wäre die Sache um diese Schüssel, die der Schäferhündin um den Kopf gehauen wurde, eigentlich ein großes Missverständnis. Irgendwie ist Metall böse, Petflaschen dagegen sind nicht soo dramatisch, also wird M.G. in Zukunft eben Petflaschen den Hunden um die Ohren hauen. Er weiß ganz sicher, daß das überhaupt nicht weh tut, Metall auch nicht, aber wenn die Leute das so wollen… Dogs nickt das freundlich ab, schließlich sitzt man ja in trauter Atmosphäre am Kamin, der Terrier kuschelt sich auf die Couch. Da wird das schon stimmen, was M.G. so von sich gibt.
Wenn wir jetzt mal davon absehen, daß Hundezeitschriften öffentlich kundgetan haben, von M.G. nach Bekanntwerden dieser Aktion nie wieder etwas veröffentlichen zu wollen, daß sich so gut wie alle Hundetrainer- und Hundepsychologenverbände und der Deutsche Tierschutzbund von dieser Aktion distanziert und sie eindeutig als Tierquälerei identifiziert haben, und auch wenn wir davon absehen, daß es lt. Tierschutzgesetz verboten ist, einem Tier Schmerzen zuzufügen, dann sollten wir uns doch wenigstens fragen, warum einem Hundetrainer so viel Raum gegeben wird, eine tierquälerische Aktion zu rechtfertigen, wenn er noch nicht mal ansatzweise über Schmerzphysiologie Bescheid weiß. Zur Beschämung aller, die das nach wie vor leugnen, weisen Neurobiologen bei immer mehr Tierarten Schmerzempfinden nach, das unserem sehr ähnlich, wenn nicht sogar damit weitgehend identisch ist. Falls M.G. nicht glaubt, daß eine Metallschüssel – so dünn sie auch sein mag – oder eine Petflasche aus „gutem Plastik“ weh tut, so sie einem auf den Kopf gehauen wird, sollte er einfach mal einen Menschenversuch machen: jemand hat ihn fest am Wickel, z.B. mit einer Leine, die um seinen Hals gelegt ist, ein anderer rennt auf ihn zu, und sowie er auch nur zuckt, haut ihm der Leinenhalter wahlweise Plastik oder Metall um die Ohren. Zudem wird er an jeder Bewegung durch scharfes Rucken an der Leine – an seinem Hals wohlgemerkt – gehindert. Es wäre interessant zu erfahren, was er nach diesem Versuch über die Harmlosigkeit solcher Foltermethoden sagt.
Weiterhin ist einfach nur bemerkenswert, daß M.G. gerade die Schutzdienstvergangenheit dieses Hundes als Rechtfertigung dafür nimmt, den Hund schlagen zu dürfen. Ja, weiß er denn nicht, wie Schutzdienstausbildung aussieht? Und kennt er nicht die Kriterien, warum ein Hund als geeignet eingestuft wird oder nicht? Zuerst wird der Hund solange provoziert, bis er in dem Ärmel beißt, das nennt man dann: mit Beutetrieb arbeiten. Schutzdienstärmel am Arm eines Menschen als Beute? Kommen da niemandem Zweifel? Dann wird im weiteren Verlauf des Trainings der Hund mit einem Softstock geschlagen – nur ganz sanft natürlich und tut auch überhaupt nicht weh -, um die Standhaftigkeit beim Verbeißen zu testen. Der Hund, der das nicht aushält – obwohl es ganz harmlos ist und wie gesagt gar nicht weh tut -, ist nicht geeignet.
Man kann das auch anders darstellen: ein Hund, der diese Art von Quälerei nicht aushält, wird ausrangiert, und keiner sollte sich wundern, wenn er in Zukunft genau auf diesen Reiz: jemand rennt auf mich zu und provoziert mich, sehr unfreundlich reagiert. Schäferhunde werden schon mit dem Ziel gezüchtet, bei derartigen Aktionen nach vorne zu gehen, im Training wird das noch verschärft, und M.G. benützt genau die gleichen Aktionen, um den Hund zu resozialisieren. Hallo! Ist noch jemand zu Hause??
Aber das wäre nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, daß die dogs ihm ausführlich Gelegenheit gibt, alle diese unhaltbaren Theorien und Schrecklichkeiten zu verharmlosen und so zu tun, als wäre er der einzige, der weiß,
1. wie man ordentliche Hundetrainer ausbildet – nämlich indem man ihnen frühzeitig beibringt, wie man Hunden Schüsseln um die Ohren knallt, und
2. nur Gewalt hilft gegen Gewalt.
Nein, sehr verehrte Damen und Herren der Zeitschrift dogs, nein, Herr Grewe, Druck erzeugt Gegendruck, das ist nicht nur ein physikalisches Gesetz. Und Gewalt erzeugt wieder Gewalt, das gilt nicht nur, wenn Sie sich in der Welt umsehen, das gilt auch im ganz normalen Alltag und ganz besonders im Umgang mit Hunden.
Aber Sie haben ja auch vier Hundetrainern / -psychologen die Gelegenheit gegeben, dazu etwas zu sagen. Ich muß Ihnen ein Kompliment machen: Sie verstehen das Handwerk der Meinungsmache wirklich perfekt. Während das ganze Interview mit M.G. eine Wohlfühlatmosphäre umschwebt (zur Erinnerung: gemütliches Beisammensein am Kamin mit Kuschelterrier), wird die Gegendarstellung von Fotos mit höchst unerfreulichen Hundeszenen eingeleitet. Die Gesprächspartner werden indirekt zitiert, sehr praktisch, denn wenn alles im Konjunktiv dasteht – Möglichkeitsform – dann wirkt es gleich ein bißchen weniger glaubhaft. Dann steht hier „könnte, sollte, müßte“ und schon weiß der geschätzte Leser: aha, das klappt also schon mal eher nicht. Und das Ganze gipfelt dann in der Frage an den Leser, daß er sich doch fragen soll, ob er seinen Hund einschüchtern oder schlagen würde, wenn er jemanden angreift. Ja, genau das ist die Frage, die sich Hundebesitzer permanent stellen müssen, denn Hunde sind definitiv unberechenbar und gefährlich. Zumindest wenn man Ihnen und Michael Grewe Glauben schenkt.
Es bleibt zur zu hoffen, daß die Leser von Hundezeitschriften nicht ganz so dumm sind, wie sie die dogs gerne hätte. Ich hoffe einfach mal, daß es sich in verkauften und Abo-Exemplaren niederschlägt – nicht zu Ihren Gunsten. Daß M.G. mittlerweile verschiedene Anzeigen wegen Tierquälerei am Hals hat, deren Ergebnis noch abzuwarten bleibt, sollte man vielleicht immer schön im Hinterkopf behalten.
Da M.G. so sehr bedauert, daß niemand von der Wattebauschfraktion Willens und in der Lage ist, ihm zu zeigen, wie es denn anders geht, kommt hier ein ernst gemeintes Angebot. Michael Grewe kann gerne mit einem Hund seiner Wahl in meine Hundeschule kommen und sich von mir zeigen lassen, wie man einem Hund beibringt, auszuweichen und nicht nach vorne sondern wegzugehen, ohne ihn mit bösem Metall oder gutem Plastik zu malträtieren. Er kann wie jeder andere meiner Kunden erwarten, daß ich ihm genau erkläre, was warum, wie und wann funktioniert, es gibt ausführliche mündliche und schriftliche Erläuterungen und jede Menge Praxis. Melden muß er sich natürlich selber.
Nachtrag: Da ich schon viele zustimmende Zuschriften bekommen habe, möchte ich hier ein PDF zur Verfügung stellen, daß sich jeder ausdrucken oder runterladen kann:
Offener Brief
Ute Rott, Metzelthin 16.03.2013
15 Kommentare zu Offener Brief von Ute Rott, Forsthaus Metzelthin an die Zeitschrift dogs