Aussagen in dieser Art hört man immer wieder: Hund „weigert“ sich, sich auf den Rücken zu legen, um dem anderen Hund seine Unterlegenheit anzuzeigen. Das Verhältnis ist nicht ausgewogen, beim Spielen liegt der eine immer, der andere nie auf dem Rücken, der rennt lieber weg. Es ist doch nicht normal, wenn sich ein Hund nie ergibt….
Ja, was daran ist eigentlich nicht normal? Stellt euch einfach mal vor, ihr bringt euer Kind in die Kita und als ihr es abends abholt, nimmt euch die Erzieherin mit von Sorge zerfurchter Stirn auf die Seite und sagt: „So ganz normal ist Ihr Kleiner aber nicht. Er hat sich heute nicht ein einziges Mal ergeben. Normalerweise müßte er sich immer mal wieder auf den Boden hocken, den Kopf zwischen die Beine nehmen und seine Unterlegenheit bekunden. Das hat er nicht einmal gemacht. Wenn er sich wenigstens mal in die Ecke gestellt hätte! Aber nicht mal das!“ Wenn ihr daraufhin dieser pädagogischen Fachperson die Hand schüttelt und sagt: „Danke fürs Gespräch, war nett Sie kennengelernt zu haben.“ euer Kind einpackt und auf Nimmerwiedersehen verschwindet, dann habt ihr mein vollstes Verständnis. Jeder halbwegs im Kopf klare Mensch würde sich fragen, wozu das gut sein soll.
Aber ein Hund muß das können? Der muß sich vor anderen kleinmachen und demütig sein und um Gutwetter bitten, oder wie? Einfach so?
Es gibt zwei Hauptarten der Unterwerfung: die aktive und die passive. Aktiv bedeutet: der Unterlegene, z.B. ein unsicherer Junghund, der sich bei einem souveränen Althund für etwas entschuldigen oder ihn milde stimmen möchte, benimmt sich wie ein Welpe. Er legt die Ohren an, kriegt ein Welpigrinsegesicht, knickt in den Knieen ein, schwarenzelt um den Alten rum, schleckt ihm das Maul und ist überhaupt sehr aufdringlich und anhänglich. Passiv bedeutet: die Hütte brennt und der Jungspund muß sehr deutlich zeigen, dass er die Waffen streicht. Also schleicht er zum Großen hin, macht sich ganz klein, legt sich vor ihm demütig und vorsichtig auf den Rücken und zeigt die Bauch- und Halsunterseite.
Und der Große? Der schaut weg. Der nimmt die Entschuldigung an, ob aktiv oder passiv ist egal und verhält sich ganz ruhig. Er vermeidet jeden Blickkontakt, um eine Eskalation der Situation zu vermeiden und zieht sich sobald es geht zurück, damit der Kleine sich wieder beruhigt, bzw. aufstehen kann. Nur bei einem sehr aufmüpfigen Jundspund, der mal eine klare Lektion braucht, wird sich erstmal die Zeit nehmen ihn abzuschnüffeln. Aber auch das dauert nicht lange, dann geht er weg, damit der aufstehen kann.
Und das soll euer Hund einfach so zwischendurch mal machen? Merkwürdige Vorstellung, finde ich. Aber das Dumme ist, dass es leider immer noch einige KollegInnen gibt, die behaupten, das sei notwendig für eine gutes Sozialverhalten. Dabei gibt es viele Varianten, einen Konflikt zu lösen. So zu tun, als sei man grundsätzlich so eine Art Fussabtreter, zeugt vermutlich einerseits von wenig sozialer Flexibilität. Der Hund hat anscheinend nur das gelernt und es kann leicht mal passieren, dass er an den Falschen gerät, dem es Spaß macht, ihm dauernd eine drauf zu geben. Andererseits ist das auch ein starker Hinweis auf mangelndes Selbstvertrauen und erlernte Hilflosigkeit. Ich wüßte auch nicht, was daran besonders sozial ist, wenn der Stärkere im Spiel vom Schwächeren verlangt, dass er sich mittendrin einfach so hinschmeißt. Das erinnert dann doch stark an Sadomaso-Spielchen. Wenn Menschen daran ihren Spaß haben und im Einverständnis handeln, ist das ok. Aber das von Hunden zu fordern?
Und was ist von einem vermeintlich souveränen Hund zu halten, der das von anderen einfordert? Bei mir wird das in Gruppen garantiert nicht geduldet, dass ein Hund anfängt, die anderen zu tyrannisieren. Wenn ein neuer, junger Hund in die Gruppe kommt, der natürlich masslos aufgeregt ist und deshalb vor lauter Lass-mich-auch-mit nix wie Blödsinn macht, die anderen anrempelt oder einfach nur nervt mit seinem Gehampel, dann kann es zu so einer Situation schon mal kommen. ABER: die älteren Hunden dürfen ihn z.B. ruhig mal in der Rückenlage abschnüffeln, doch dann muß der wieder aufstehen dürfen. Es gibt definitiv keinen Grund zu jubeln, wenn ein Hund in der Gruppenstunde permanent auf dem Rücken liegt und die anderen ihren Spaß damit haben.
Mobbingopfer werden die besten Mobber und zu erwarten, dass ein Hund permanent anderen Hunden gegenüber demütig ist, ist der beste Garant dafür, dass es auch dem sanftmütigsten Hund irgendwann reicht. In einer meiner Gruppen ist eine sehr nette Labradorhündin, die ihre Welpen- und Junghundzeit in einer anderen Hundeschule erlebt hat. Diese Trainerin war der Meinung, dass ihr Rüde sofort erkennt, welcher Welpe eine „harte Hand“ braucht. Unser Labimädchen wurde von ihm so eingeschätzt und hat wohl während der Trainingsstunden mehr Zeit auf dem Rücken als auf den Füßen verbracht. Dazu kam, dass sie sehr früh einen Kreuzbrandriss und damit Schmerzen beim Toben und Spielen hatte. Jedenfalls wunderte mich sehr, dass sie im Freilauf auch über längere Zeit immer eine Bürste machte. Sowie die Leine dran war, konnte sie sich entspannen. Ihre Halter erzählten, dass sie manchmal „ohne jeden Anlass“ andere Hunde attackierte, sie konnten nicht erklären warum. In meiner Gruppe ging es lange Zeit gut, bis sie von zwei Rüden genervt war. Sie war läufig gewesen, die Rüden fanden sie immer noch sehr interessant. Das Generve war sicher nicht angenehm, aber auch nicht extrem. Jedenfalls ging sie plötzlich ohne jede Vorwarnung auf einen der beiden los. Es endete mit einem blutenden Ohr und damit, dass die beiden natürlich nicht mehr in einer Gruppe sein können, weil der Rüde verständlicherweise jetzt Angst vor ihr hat. Dabei waren die beiden mal richtig befreundet.
Nach langen Gesprächen und Überlegungen kamen wir wieder auf die Gruppentrainings in der anderen Hundeschule zu sprechen und ich bin überzeugt, dass hier die Ursache liegt: die Halter hatten nie gelernt, dass man seinem Hund helfen darf, wenn sie der Meinung sind, irgendwas reicht jetzt. Das Verhalten des Trainerhundes, der vermutlich einfach genervt von dem Welpen- und Junghundgewusel war und keinen Bock auf die Blagen anderer hatte, fanden sie zwar beide überzogen, aber sie dachten eben, das muß so sein. Und was hat die Hündin gelernt? Wenn’s reicht, dann werd ich zum Monster und danach habe ich meine Ruhe.
Wenn gerade junge Hündinnen von Rüden genervt werden, muß man ihnen helfen und es ist erlaubt, dass die Hündin bei mir Sicherheit sucht und ich den lästigen Verehrer in die Schranken weise, wenn sein Halter das nicht tut. Sie darf auch mal eine Ansage machen, wenn er nicht von ihrem Hinterteil wegzubringen ist, und die Ansage darf so sein, dass die Botschaft ankommt. Ebenso darf ein Jungund, den ein vermeintlich souveräner Althund ständig umlegt, durchaus mal sagen, dass es reicht, wenn schon seine Halter nicht auf die Idee kommen, ihm zu helfen.
Oder, um es auf einen ganz kurzen Nenner zu bringen: was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.
Hunde müssen sich nicht einfach so ergeben, nur weil ein anderer Hund oder irgend ein „Experte“ denken, das wäre angebracht. Wenn ein Konflikt entstehen könnte, z.B. beim Spielen, ist es eine wunderbare Lösung, zur Deeskalation zu buddeln, ein Rennspiel einzuleiten oder einfach rumalbern…. egal, der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Sich auf den Rücken zu legen, ist eine Lösung, die nur dann passend ist, wenn wirklich Feuer am Dach ist UND der andere Hund gut und souverän damit umgehen kann. Es ist keine Beschäftigungstherapie, um das Selbstvertrauen des einen klein zu halten und dem anderen die Möglichkeit zum Mobben zu geben.