Ach, sind die süß! – Welpenspielen Teil 1

Ute Rott
Forsthaus Metzelthin

Gibt es etwas niedlicheres als so ein Knäuel spielender Welpen? Sicher nicht. Es ist einfach zu süß, wie sie rumpurzeln und tapsig hinter einander herhopsen, sich überfallen und dabei furchterregend knurren, einfach nur entzückend.

In vielen Hundeschulen werden nach wie vor Welpenspielstunden abgehalten. Manchmal in Kombination mit Grundgehorsamstraining, manchmal einfach als reine Spielstunden, mal mehr mal weniger qualifiziert – aber eins ist ihnen allen gemeinsam: sie sind überflüssig und  meistens – leider – für die Hunde schädlich. Warum „leider“? Weil ich selber für mein Leben gern Welpenspielstunden organisiert und durchgeführt habe, aber seit mindestens fünf Jahren lasse ich das sein und bin sehr froh darum. Warum?

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Daß Welpen gerne spielen und spielen ein wichtiger Bestandteil der Welpenzeit ist, ist unbestritten. Im Spiel erlernen und üben sie viele Dinige, die sie später im Leben brauchen: jagen, Sozialverhalten, Beisshemmung, Sexualverhalten, sie schulen ihre Intelligenz, trainieren ihre Muskeln, Reaktionsfähigkeit und individuelle Talente, und das alles spielerisch und ohne Ernstbezug. Denn – und das ist eine wichtige Voraussetzung – spielen können sie nur dann, wenn sie ausgeruht und satt in einer sicheren Umgebung sind. Ein ganz einfaches Beispiel aus der Natur verdeutlicht das: jeder von uns hat im Fernsehen schon mal spielende Wolfs- oder Fuchswelpen vor dem Bau gesehen. Sowie nur das geringste Anzeichen einer Gefahr auftaucht, bringen sich alle Kinder wie der Blitz im Bau in Sicherheit. Und das dauert bis sie wieder auftauchen, der mutigste kommt zuerst, dann folgen langsam die anderen, und erst, wenn sie sich wieder sicher fühlen, gehts weiter.

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Wo ist jetzt der Unterschied zu Welpenspielstunden in der Hundeschule? Ein ganz entscheidender ist schon mal die unumstößliche Tatsache, daß es sich bei den Welpen vor dem Wolfsbau um Geschwister handelt – in der Welpenspielstunde sind sie meistens noch nicht mal gleich alt und in der Regel auch von unterschiedlichen Rassen. Ja, das ist doch aber gerade der große Vorteil, oder? Sie sollen doch alle Rassen kennenlernen? Ganz unbefangen beim Spielen ist es doch am einfachsten. Könnte man meinen. Aber Tatsache ist, daß Hunde rassetypisch sich unterschiedlich entwickeln. Kleine Hunde werden schneller erwachsen als große, das weiß man. Aber auch Rassen entwickeln sich unterschiedlich. Während ein Goldie mit einem Jahr noch ein ziemlicher Blödel ist, ist eine Deutscher Schäferhund schon so gut wie ausgereift. Kromfohrländer, die eher zu den kleineren Hunden gehören, sind erst ab zwei Jahren „ernst zu nehmen“, Jackies schon sehr viel früher. Im Gegensatz zu den Geschwistern vor dem Fuchs- oder Wolfsbau müssen sich die Hundewelpen also erstmal kennenlernen, die anderen abchecken, was das für welche sind – und das nur einmal pro Woche. Bis zum nächsten Treffen hat sich jeder vierbeinige Teilnehmer extrem verändert, geht das Abchecken also wieder los.

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Dann gibt es rassetypische Verhaltensweisen, die für andere Hunde nicht immer lustig sind. Da haben wir den fröhlich durch die Gegend rempelnden Labrador, der das nicht böse meint, so isser halt. Boxer haben damit überhaupt kein Problem, die rempeln halt zurück und finden das auch lustig. Windhunde dagegen finden das gar nicht komisch und können sehr ungehalten reagieren. Oder der Border Collie, der schon als Welpe alle beschleicht und fixiert – mag sein, daß sein Herrchen das großartig findet, die Hunde fühlen sich eher bedroht und reagieren vielleicht auch so – mit Abwehr. Gut geschulte Kursleiter können sicher vieles in richtige Bahnen lenken und den Teilnehmern gute Tipps geben. Aber wenn man weiß, daß Welpenspielstunden für viele Hundeschulen eine sehr effektive Werbemaßnahme sind, dann kann man sich vorstellen, daß die Trainer sich hüten werden, allzu kritisch zu argumentieren. Denn wenn man dem stolzen Border Collie-Herrchen sagt, er muß das Anschleichen und Fixierien unterbrechen können, sonst gibts irgendwann Ärger, könnte ja sein, daß der seinen Bello nimmt und auf Nimmerwiedersehen verschwindet.

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Aber selbst wenn das alles gut geht und die Kursleiter richtig gute Tipps geben und die Teilnehmer alles gut aufnehmen, kann eine Gefahr so gut wie nie gebannt werden: die Überforderung der Welpen. Welpen haben wie Kleinkinder eine sehr begrenzte Aufnahmekapazität und sie brauchen viel Zeit und Ruhe, um etwas lernen und verarbeiten zu können. Und das haben sie bei Welpenspielstunden meistens nicht. Der Kurs dauert in der Regel 60 Minuten, das ist schon mal viel zu lange  – aber die übliche Zeit, da Menschen nun mal wegen weniger nicht die Mühe auf sich nehmen wollen, zur Hundeschule zu fahren. Dann prasseln auf den Kleinen jedes Mal jede Menge Eindrücke ein, die er so schnell gar nicht auf die Reihe bekommt: das Wetter ist anders, es sind neue Menschen und Hunde da oder weniger als beim letzten Mal, auf dem Platz hat sich was verändert, der Tagesablauf war sehr hektisch, der kleine Hund hat Hunger oder kurz vorher gefressen, er bekommt neue Zähne und fühlt sich nicht wohl….. Das ist wie bei Kindern, da kann jeder Tag und jede Woche ganz anders ablaufen, obwohl für die Erwachsenen eigentlich alles gleich bleibt.

Auch körperlich sind die Kleinen in so einer Welpenspielstunde komplett überfordert. Viele Leute tragen ihren sechs Monate alten Labrador noch die Treppen rauf und runter und heben sich dabei kreuzlahm. Aber wenn der Kleine 60 Minuten mit anderern rumrennt, über den Haufen gerannt wird, in den Zaun brettert, Notbremsungen und verwegene Sprünge macht, dann ist das auf einmal lustig und total gesund für Muskeln und Gelenke? Ganz übel wird es, wenn körperlich überlegene und womöglich ältere Rüpel in der Gruppe sind, die die anderen reihenweise umrennen, bzw. mobben, nicht gebremst werden und der Kurs nach dem Motto abgehalten wird: das machen die unter sich aus. Das führt tatsächlich zu schlimmen körperlichen Schäden, die meistens erst später auftreten und deshalb oft nicht als Folgeschäden einer Welpenspielstunde erkannt werden. Verhaltensprobleme sind dann sowieso vorprogrammiert, denn bekanntermaßen sind die besten Mobber die ehemaligen Mobbingopfer. Einer meiner Kundenhunde hat im Alter von 14 Monaten angefangen, Welpen zu überfallen, bei größeren Hunden ist er dafür extrem unterwürfig.

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Ein Hauptproblem ist, daß alles zum Spiel erklärt wird, was Hunde untereinander so machen: rennen, sich anrempeln oder anspringen, pföteln, sich auf den Rücken werfen…. egal, sieht doch niedlich aus, also spielen sie. Kein Mensch käme auf die Idee, alles, was Kinder tun, als Spiel zu bezeichnen. Aber sowie das Kind vier Pfoten und ein Fell hat, vorne bellt und hinten wedelt, spielt es 24 Stunden am Tag und sein ganzes Leben lang? Ganz sicher nicht.

So ein kleiner Hund lernt ununterbrochen und das sollte er möglichst entspannt und sicher können. Das Leben eines Hundes in Deutschland ist bei allem guten Willen, den Hundehalter an den Tag legen, enorm stressig und für die Hunde alles andere als einfach. Wichtig ist für Welpen ein entspanntes Heranführen an alles, was neu ist und was ihnen im Laufe ihrer Kindheit und Jugend eben so begegnet. Aber das wollen wir uns nächstes Mal ein bißchen gemauer ansehen.

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