von Ute Rott
Forsthaus Metzelthin
Indiana hat einen Freund: Lupo. Lupo ist ein sehr imposanter, junger Viszlarüde, 2 Jahre alt und unkastriert. Lupo wohnt bei meiner Freundin Anke. Wenn Lupo zu uns zum gemeinsamen Training mit Indiana kommt, freut sie sich immer sehr, aber es ist ein kleiner Wehmutstropfen für sie dabei: nach einer kurzen Begrüßung am Zaun muß er sofort und dringend den ganzen Hundeplatz kontrollieren. Schließlich muß er wissen, wer in der Zwischenzeit alles da war. Dann hat er Zeit für Indiana. Sie rennen eine kleine Runde, buddeln auch mal – unerlaubterweise – gemeinsam in den Maulwurfshäufen rum, schüffeln zusammen und dann gehen wir spazieren. Da ist beiden enorm wichtig, daß sie in Kontakt bleiben, daß nicht einer dem anderen davonläuft, sie machen sich auf interessante Schnüffelstellen aufmerksam und – am allerwichtigsten!!! – sie sind auf der Jagd nach Rehen, Hasen, Eichhörnchen, egal, was eben so des Wegs kommt, besonders im Wald. An bestimmten Stellen darf Lupo frei laufen, weil er gut abrufbar ist und allein keinen Unfug macht, Indiana bleibt an der Leine, damit das auch so bleibt. Wir trainieren z.B. Leinenführigkeit, Impulskontrolle, manchmal machen wir auch ein paar Suchspiele, was eben so ansteht. Dann rennen sie noch eine Runde auf dem Hundeplatz zusammen, und schließlich fährt Lupo wieder nach Hause und beide sind sehr zufrieden. „Gespielt“ haben sie in diesen 1-2 Stunden max. 10 Minuten.
Kürzlich kam Lupos Herrchen auf die Idee, einen Kollegen einzuladen, der ebenfalls einen Viszlarüden hat, auch ungefähr 2 Jahre alt und unkastriert. Lupo ist jetzt ein freundlicher Hund, der selbst Rüden gegenüber sehr tolerant ist. Wenn Gäste in Ankes Ferienwohnung Hunde dabei haben, findet er das zwar nicht toll, wenn die in seinem Garten rumrennen – außer es sind schnuckelige Mädchen, aber er akzeptiert das. Er ist einfach nett. Aber jetzt kam da dieser andere Kerl auf seinen Hof, der sofort den dicken Max markierte. Das war nicht mehr lustig. Zu Lupos Glück hat Anke ziemlich viel Ahnung von Hundeverhalten, nicht nur weil sie bei mir in der Hundeschule ist, sondern weil sie ihren Hund gut kennt und andere Hunde genau beobachtet und sich vernünftige Gedanken macht. Sie verwechselt nicht so ohne weiteres, ob Hunde sich tatsächlich verstehen und auch mal spielen, oder ob sie sich eher unfreundlich gegenüberstehen.
Während alle anderen gemütlich bei Sonnenschein auf der Terrasse saßen und Kaffee tranken, ging sie lieber mit den beiden Rüden durch den großen Garten und behielt sie genau im Blick, denn so hatte sie ihren netten Lupo noch nie gesehen. Die beiden hatten dauerhaft eine Bürste, etwas, das ich bei Lupo gar nicht kenne. Sie wirkten eher steif und als sie schließlich mal eine Runde liefen, war das defintiv kein Spiel sondern eine unfreundliche Jagd. Sie stoppte das und verlangte, daß beide Hunde wenigstens etwas getrennt würden, zumindest ein paar Meter an der Leine. Die anderen fanden das merkwürdig, wo die beiden doch gerade anfingen, so schön zu spielen. Lupo fand die Idee gut. Er legte sich sofort hin und machte ein Nickerchen. Der andere Rüde war unruhig, fiepte, hampelte rum. Es wurden noch 2, 3 Versuche gestartet, aber irgendwie wurde das nix: Bürste, steifes Herumschleichen, sich jagen…. komisches Spiel.
Man sprach so über die Erziehung der Hunde, der andere Viszla hatte eine Welpenspielgruppe absolviert, das wars. Ich will jetzt nicht behaupten, daß Lupo besser erzogen ist, weil er immer noch zu mir kommt und wir alles gut festigen können. Aber die Tatsache, daß er keine Welpenspielstunden besucht hat, daß er also weder mobben noch gemobbt werden erlebt hat, daß er im Einzelunterricht die Grundkommandos und in einer Gruppe vernünftigen Umgang mit anderen Hunden – auch unkastrierten Rüden – gelernt hat, das ist schon die bessere Voraussetzung für die Bewältigung einer derart stressigen und spannungsgeladenen Situation als eine Welpengruppe, in der alle mehr oder weniger unkontrolliert übereinander herfallen.
Es ging alles gut aus, die Hunde haben sich „nur“ angebrummt und angedroht, mehr war nicht, aber wenn Anke nicht so gut aufgepasst und dieses merkwürdige „Spiel“ nicht als das verstanden hätte, was es war, nämlich ein unfreundliches Austesten des jeweils anderes, wäre es vermutlich zumindest zu einigen Kratzern kommen – auch bei im Prinzip freundlichen Viszlas. Denn wer fände das gut, wenn er ungefragt Besuch in seinem Bereich bekommt, der eine klare Konkurrenz darstellt, der sich uneingeladen auf dem eigenen Gelände breit macht, der überall rumpinkelt und auch noch den dicken Max markiert und einen androht? Will man mit dem „spielen“? Im besten Fall kann man mit so jemandem mal auf neutralem (!) Gelände Kontakt aufnehmen und dann entscheiden, ob man mit ihm näher bekannt werden möchte oder eben nicht. Und jetzt rede ich nicht von Hunden, auch wenn es 1:1 auf Hunde übertragbar ist.
Wann hört das eigentlich auf, daß Menschen denken, Hunde würden Tag und Nacht nur ans Spielen denken? Wann verstehen Menschen endlich, daß auch Hunde erwachsen werden und wie erwachsene Menschen dann deutlich weniger spielen, dafür mehr freundschaftlichen Kontakt zu sympathischen Artgenossen brauchen, mehr Gemeinsamkeit und gemeinsames Erleben und deutlich weniger wildes Rumgerenne. Ja, es gibt Unterschiede, manche Hunde bleiben länger alberne Spielfreaks, bei anderen geht das schneller vorüber. Manche spielen gerne und freundlich mit jungen Hunden, mit erwachsenen eher nicht. Manche spielen nur mit ihren Freunden oder mit ihren eigenen Kindern….. Erinnert Sie das an Sie selber? Überraschung! Hunde und Menschen sind sich auch in diesem Bereich sehr ähnlich. Und ganz sicher wollen sich weder Hunde noch Menschen Spielkumpane aufdrängen lassen.
Lupo war nach diesem Besuch übrigens fix und fertig. Kein Wunder. Über einige Stunden mußte er ertragen, daß ein fremder Kerl sich bei ihm breit macht, er mußte ihn bewachen, damit er nicht versucht, sich seinen Hof unter den Nagel zu reißen, er mußte aufpassen, ob der nicht plötzlich einen Angriff auf ihn startet….. ganz sicher kein Grund sich über Besuch zu freuen und mit ihm zu spielen.
Liebe Hundemenschen, wenn eure Hunde andere Hunde so gerne mögen, daß sie den Besuch dieser Hunde auf dem eigenen Geländer toll finden – wunderbar. Freut euch, herzlichen Glückwunsch. Aber die meisten Hunde und ganz besonders erwachsene Hunde sind da nicht unbedingt scharf drauf. Unser Maxl findet Hundebesuch toll, Anton reduziert das auf Mädchen und Indiana sagt: RAUS! Also gibt es hier keinen Hundebesuch mehr. Denn wir legen den Menschenbesuch fest und die Hunde den Hundebesuch. Und wenn mein Mann eine Freundin von mir nicht leiden kann, treffe ich mich mit ihr woanders, und so halten wir es mit den Hunden auch. Sie treffen ihre Freunde auf neutralem Gelände, und wir sichern ab, daß das auch Freunde sind und sie sie gerne treffen. Was sie dann mit ihrem Kumpels machen, spielen, schnüffeln, buddeln…. bleibt ihnen überlassen.