Vegan contra Rohfütterung?

Es gibt mal wieder einen neuen Trend bei der Hundefütterung: vegane Ernährung. Wie immer, wenn etwas Neues als die Lösung für egal welches Thema angepriesen wird, sollte man genau hinsehen.

Damit das klar ist: ich selber ernähre mich zu ca. 98% vegan, 98 % deshalb, weil es Situationen gibt, in denen es einfach schwierig ist. Da greife ich dann zu den vegetarischen Alternativen. Ich würde es sehr gut finden, wenn immer mehr Menschen sich für eine vegane Ernährung entscheiden würden. Die Argumente sind bekannt: Massentierhaltung und Tierwohl gehen nicht zusammen, genauso wenig Massentierhaltung und Umwelt- und Klimaschutz. Menschen können sich sehr unkompliziert vegan ernähren, da bis auf ganz wenige Inhaltsstoffe so gut wie jedes fleischhaltige Lebensmittel durch ein pflanzliches ersetzt werden kann. Wenn man sich ein wenig damit befasst, kann man sogar weitgehend ohne Ergänzungen auskommen.

Geht das jetzt auch bei Hunden? Schließlich gibt es mittlerweile jede Menge Studien, die behaupten, dass vegane Ernährung eine sehr gute Alternative wäre. Auch Tierärzte raten dazu, denn roh gefütterte Hunde hätten mehr Probleme als vegan ernährte – angeblich.

Die Studien, die ich gesehen habe, lassen diesen Schluß nur leider nicht zu. Es wird nicht genauer ausgeführt, auf welcher Grundlage man gesundheitliche Probleme explizit der Ernährung zuordnen kann. Vielleicht haben manche ja ihre Ursache in Inzucht, grundsätzlich schlechter Haltung und falscher Aufzucht. Außerdem schneiden roh gefütterte Hunde – geringfügig aber doch besser ab als alle anderen. Ich konnte auch nicht herausfinden, wer diese Studien in Auftrag gegeben hat, und das macht mich dann schon immer misstrauisch. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass welches Forschungsinstitut auch immer einfach mal so aus Jux und Dollerei doch recht aufwendige und damit kostenintensive Studien durchführt, weil ihnen grad danach ist und ohne zu wissen, wer das bezahlt. Falls also jemand weiß, wer diese Studien in Auftrag gegeben hat, wäre ich sehr dankbar für die Information.

Es gibt einige Gründe, warum man einer veganen Ernährung von Hunden und Katzen kritisch gegenüber stehen sollte. Wir sehen uns das mal ein bisschen genauer an.

– Hunde und Katzen sind keine Allesfresser im Sinn von Schweinen, die buchstäblich alles fressen, was ihnen so in den Weg kommt. Genauso wenig wie Menschen Allesfresser sind. Katzen sind tatsächlich reine Beutetierfresser, die sehr gut mit einer Ernährung klarkommen, die aus Beutetieren, sprich Mäusen, Maulwürfen und Vögeln besteht. Hunde haben ihre Verdauung durch ihr Leben mit den Menschen ein wenig angepasst und sind deshalb in der Lage Kohlehydrate in geringem Mass zu verdauen. Mit einer Kost, die überwiegend aus Schlachtabfällen aller möglichen Tiere und einem geringen Gemüseanteil besteht, kommen sie hervorragend klar. Menschen dagegen sind in der Lage sich rein vegan zu ernähren und ihren Eiweißbedarf pflanzlich zu decken. Wer sich sehr gut auskennt, muß nicht mal Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Man kann das gut nachvollziehen, wenn man sich die Gebisse und den Verdauungstrakt der verschiedenen Tiere ansieht. Das auszuführen, sprengt den Rahmen dieses Artikels.

– Es gibt pflanzliche und tierische Proteine. Ob es tatsächlich möglich ist für Beutetierfresser, ihren Bedarf an Proteinen pfanzlich zu decken, darf bezweifelt werden. Tierärzte, die dem ganzen nicht so richtig trauen, raten zur vegetarischen Ernährung von Hunden und da wirds dann schon kompliziert. Denn auch Milchprodukte stammen von Tieren aus Massentierhaltung. Für mich ist das Joghurt oder der Quark aus angeblicher Biohaltung ethisch deutlich verwerflicher, denn hier nehme ich einem Tierkind die Nahrung weg, die für es vorgesehen ist – egal ob die Haltung bio ist oder nicht. Und was mit den meisten Kälbchen und Lämmern in ihrem kurzen Leben passiert, ist alles mögliche aber ganz sicher nicht ethisch einwandfrei.

– Ich bin davon überzeugt, dass man gute und wohlschmeckende vegane Mahlzeiten für Hunde zubereiten kann. Wenn ich meinen Hunden Räuchertofu, veganen Käse oder vegane Würstchen anbiete, finden sie das sehr lecker. Aber zu einer guten und ausgewogenen Ernährung gehört einfach mehr. Dazu gehört auch, dass man kaut, bzw. im Fall der Hunde sein Fleisch oder seinen Knochen zerkleinert und daran herumnagt. Das finden Hunde nicht nur toll, das ist auch wichtig zum Zähneputzen und um den Magen auf die Mahlzeit vorzubereiten. Wenn man sein Essen einfach so runterschluckt – und das tut man automatisch, wenn man breiiges oder suppiges Essen vorgesetzt bekommt, dann ist das weder für die Zähne noch für die Verdauung gut.

– Selbstverständlich gibt es veganes Trockenfutter. Na toll! Trockenfutter ist grundsätzlich denaturiert, die Verarbeitung ist angepasst an die Maschinen, mit denen es verarbeitet wird und es ist in der Regel so hoch erhitzt, dass alles, was vorher an guten Zutaten – vielleicht – drin war, ganz sicher tot ist. Zudem erzeugt Trockenfutter schlicht und ergreifend durch den zu geringen Wassergehalt gesundheitliche Probleme. Alles, was auf Erden so rumläuft, hat einen Wassergehalt von mindestens 70%, Trockenfutter dagegen einen Gehalt von 6-10%. Das auszugleichen, indem der Hund entsprechend mehr trinkt, ist defacto unmöglich. Nierenerkrankungen sind also vorprogrammiert. Zudem ist es schwer verdaulich, es hat eine Verdauungszeit von teilweise 12-14 Stunden, Rohfutter dagegen 6-8 Stunden. Es liegt viel zu lange im Magen und ist deshalb oft die Ursache für Magendrehungen.

Jetzt sehen wir uns mal die angeblichen Nachteile und Gefahren der Rohfütterung an.

– „Zudem hat bereits eine große Anzahl früherer Studien erwiesen, dass rohes Fleisch viel stärker von pathogenen (krankheitserregenden, Anm.) Bakterien und Parasiten befallen ist.“ Dies ist ein Zitat aus einer Zusammenfassung. Welche Parasiten und Bakterien hier gemeint sind und inwiefern sie für Hunde schädlich sind, kann vermutlich niemand nachvollziehen, der seine Hunde roh füttert. Es wurde meines Wissens nie nachgewiesen, dass Hunde dadurch krank werden. Hunde, die roh gefüttert werden, haben eine deutlich aggressivere Magensäure (3,5%) als Hunde, die Industriefutter bekommen. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch Hunde betrifft, die vegan ernährt werden, denn für sie ist eine aggressive Magensäure nicht notwendig zur Verdauung. Diese Magensäure ist durchaus in der Lage, Bakterien und Parasiten, die nicht in den Hund hineingehören, abzutöten. Ein Problem kann es tatsächlich geben, wenn Menschen fahrlässig mit dem Hundefleisch umgehen. Allerdings weiß ich nicht so genau, was einen davon abhält, sich nach der Fütterung die Hände zu waschen. Abgesehen davon gilt das für jedes Fleisch, also auch Fleisch für menschlichen Verzehr.

– Dass Muskelfleisch nur in geringem Umfang an Hunde verfüttert werden sollte, sollte eigentlich jedem bekannt sein, der sich auch nur ein wenig mit gesunder Hundeernährung befasst. Und wer beschließt, seinen Hund mit Rohfleisch zu füttern, der sollte sich ganz dringend damit beschäftigen. Leider werden unsere sog. „Nutz“tiere so gezüchtet, dass der Eiweißgehalt sehr hoch ist, bis zu 35% – weil’s gut schmeckt. Da wir eine vollkommen irrsinnige Überproduktion an Fleisch haben, bleibt für die Hunde eben beim Schlachten nicht nur das übrig, was ihnen bekommt, sondern auch Muskelfleisch. Und weil Menschen eben denken, „was mir schmeckt, schmeckt auch meinem Hund“, füttern sie ihn mitHerz und Muskelfleisch und Beinscheiben, die aus viel zu harten Knochen und Muskelfleisch bestehen, anstatt mit Pansen, Blättermagen und echten Schlachtabfällen wie Fell, Haut, Sehnen, Fett, Adern und einem Anteil Fleisch. Das ist ein Problem, das man leicht lösen kann, indem man seinem Hund einfach kein oder nur selten Muskelfleisch gibt.

– Ebenso sollte jedem klar sein, dass es nicht reicht, seinem Hund einfach jeden Tag die gleiche Sorte Fleisch in den Napf zu kippen. Selbstverständlich muß man sich schon eine Art Plan machen, welche Sorten man wann füttert, wann Rind, wann Pferd, wann Lamm und wann Knochen. Es gehört einfach dazu, wenn man seinen Hund gesund ernähren will, dass man sich mit der Materie ein wenig befasst. Wenn man das nicht tut, sollte man sich über Mangelerscheinungen nicht wundern, Wer das nicht will, kann seinem Hund ja gerne Fertigfutter geben, in dem angeblich „alles drin ist, was der Hund so braucht“. Allerdings sollte man sich nicht wundern, wenn auch das in die Hosen geht.

2003 habe ich meine Hunde umgestellt auf Rohfütterung. Ich darf nicht daran denken, was ich damals für einen Unfug gemacht habe, aber man lernt ja dazu. Allerdings war das die Anfangszeit der Rohfütterung, bzw. des Barfens. Es war nicht so einfach, sich entsprechend zu informieren. Durch Bücher, Vorträge und die intensive Beschäftigung damit, was Hunde wirklich brauchen, werden meine Hunde heute sehr ausgewogen und gesund ernährt. Der älteste Hund, den ich auf Rohfütterung umgestellt habe, war mein alter Anton, der mit 13,5 Jahren bei uns einzog und von Tag zu Tag – auch durch die Ernährung – gesünder und vitaler wurde. Er wurde 16,5 Jahre alt.

Ca. 90% meiner KundInnen füttern auf meinen Rat hin ihre Hunde roh. Wenn die Tierärzte hören, dass jemand auf mein Anraten hin die Ernährung seines Hundes umgestellt hat, sagen sie oft Dinge wie: Bei Frau Rott sind sie da in guten Händen. Meine Hunde und die Hunde meiner KundInnen haben so gut wie keine Parasiten, sie sind selten krank und müssen äußert selten entwurmt werden. Es kann also nicht so falsch sein, was wir da machen.

Jetzt verstehe ich ethischen Argumente der Verfechter einer veganen Hundeernährung sehr gut. Und ich halte es für dringend erforderlich, dass wir Schluss machen mit der Massentierhaltung. Da aber ganz sicher auch in einer Zeit nach der Massentierhaltung Menschen Fleisch essen werden, kann ich mir gut vorstellen, dass dann eben das übrig bleibt, was für die Hunde vollkommen ausreicht: Schlachtabfälle. Die Lösung kann allerdings nicht sein, nach allem, was wir Hunden sowieso schon antun, ihnen ein Futter aufzudrängen, das für sie dauerhaft nicht gut sein kann. Das gilt für Hunde wie auch für Kühe und Schafe, denen man Tiermehl verfüttert hat und die dadurch krank geworden sind. Die Lösung, wenn jemand mit der Problematik „mein Hund frisst Fleisch“ nicht klar kommt, heißt ganz einfach: so jemand kann weder einen Hund noch eine Katze haben. Leider.

Und weil wir schon mal dabei sind, empfehle ich allen, die sich ein bisschen genauer informieren wollen, mein Buch „Wohl bekomm’s – Dein Hund ist, was er frisst“. € 14,90 + Versandkosten
kann hier bestellt werden: https://philocanis.de/shop

Dieser Beitrag wurde unter Ernährung abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.