Mantrailing als Therapiemöglichkeit? – 1. Teil Jagdersatz

Immer wieder hört man, dass Mantrailing eine wunderbare Möglichkeit wäre, jagdbegeisterte Hunde mit diesem Ersatz auszulasten und vom Jagen abzubringen. Es mag sein, dass das manchmal klappt, gar nicht so selten den Jagdeifer etwas mildert, aber in vielen Fällen ändert es an der Begeisterung hinter Wildtieren herzuhetzen nichts, aber auch gar nichts. Warum ist das so?

Jagen ist, auch wenn Menschen das oft denken, nicht einfach eine sportliche Betätigung, die unausgelastete Hunde mal eben wählen, weil’s so nett ist. Jagen ist Nahrungsbeschaffung. Und zwar auch dann, wenn der Hund von seinem Menschen mit den feinsten Speisen ausreichend versorgt wird. Es fängt ganz harmlos an und da können wir dann noch drüber lachen, nämlich wenn unser süßer, tapsiger Welpe im Garten hinter einen Blättchen oder den Spatzen herhopst. Das ist ein sehr niedliches Spiel, aber wie bei jedem Spiel steckt etwas dahinter: die Vorbereitung auf das Leben. Es passiert eher selten, dass sich Welpen oder Junghunde für Gemüseanbau interessieren, und wenn dann nur in vom Menschen unerwünschten Ausnahmefällen – wenn sie nämlich über das frisch angelegte Beet herfallen und sich als Landschaftsgärtner versuchen. Das mit dem Gemüseanbau ist nämlich auch nicht nur ein beliebiges, menschliches Hobby. Es ist so beliebt und für uns auch relativ leicht erlernbar, weil es eine wichtige Grundlage unserer Ernährung darstellt. So wie die Jagd für Hunde.

Wenn also Klein-Bello dem davonkugelnden Ball hinterherspringt, dann macht ihm das nicht nur einfach Spaß, sondern er lernt so ganz nebenbei und spielerisch, wie er ein bewegliches Objekt erhaschen kann. Manchmal klappts, manchmal nicht, er übt und übt und irgendwann klappts richtig oft. Wenn er jetzt könnte, wie er wollte, dann würde er anfangen, sich mehr und mehr an lebenden Tieren zu versuchen, und zwar so lange, bis er in der Lage ist, sich und seine zukünftige Familie zu ernähren.

Gärtnern Sie gerne? Freuen Sie sich über jedes Radieschen, jeden Petersilienstengel, jedes Zucchini, jede Erdbeere aus Ihrem Garten? Interessiert es Sie nur am Rande, dass es eventuell für Ihren Geldbeutel sinnvoll wäre, wenn Sie Ihre Radieschen kaufen würden? Sind Sie fest davon überzeugt, dass die selbstgezogenen Kartoffeln viel besser schmecken als die gekauften? Dann geht es Ihnen wie Ihrem Hund, wenn er eine Maus oder einen Hasen erwischt hat. Selbst der beste, frische, in mundgerechte Portionen unterteilte Pansen oder die wunderbare Beinscheibe schmecken nicht halb so gut.

Jagen ist nämlich – wie gärtnern – eine selbstbelohnende Handlung und deshalb ist die Motivation, sich dieses Glück zu gönnen, so unglaublich groß. Fragen Sie mich: wenn ich genervt bin, weil ein Training nicht so geklappt hat, weil Feriengäste abgesagt haben, weil das Finanzamt mit dem Umsatzsteuer vor der Tür steht, dann gehe ich in meinen Gemüsegarten, zupfe fünf Minuten Unkraut, pflanze ein paar Kräuter um, ernte Bohnen und Zucchini, säe Radieschen und Maikugeln – und schon fühle ich mich deutlich besser.

Und das ist auch der Grund, warum viele Trainer und Hundehalter denken, wenn ich meinem Hund nur das entsprechende Ersatzangebot mache, dann sollte das doch klappen. Naja, vielleicht, vielleicht auch nicht. Das ist so, als bekäme ich einen Balkon mit 3 Blumenkästen anstelle meiner wunderbaren Gemüsebeete. Besser als nichts, aber sicher nicht so befriedigend. Was beim Jagen noch dazu kommt: leckeres Gemüse und Obst bekomme ich im Bioladen und das Zubereiten macht auch Spaß. Der Pansen im Napf ist in ca. 10 Sekunden im Hund verschwunden und die Freude an der Jagd fehlt zu 100%.

Bei manchen Hunden klappt es tatsächlich. Die sind vielleicht nicht so wild aufs Hetzen, aber sie nutzen gerne ihr Supertalent, haben Spaß an der Arbeit und große Freude am Ergebnis. Das kommt auch gar nicht so selten vor. Aber hüten Sie sich vor wilden Versprechungen gerade, wenn Sie einen Hund haben, mit dem Sie wildreiche Gebiete lieber meiden. Vielleicht, mit viel Glück, interessieren ihn die Freunde des Waldes nicht oder weniger, wenn er gerade auf dem Trail ist. Das kann durchaus sein. Aber so manch ein Trailwunder ist lieber einem Reh hinterhergehechtet, das dummerweise genau jetzt seinen Trail gekreuzt hat, und hat die Versteckperson ihrem Schicksal überlassen. Bei vielen funktioniert es, dass sie dann wenigstens für diesen Tag und vielleicht auch für die Tage nach dem Training zufrieden sind. Aber irgendwann springt eben wieder der Hase vor Fiffi auf – und ab geht die Post. Trailtraining hin oder her.

Natürlich sollten Sie trotzdem mit Ihrem Bello trailen, wenn ihm und Ihnen das Spaß macht. Denn auf Dauer bewirkt es einfach – neben dem Vergnügen an dieser wunderbaren Tätigkeit – dass Sie ihn sehr viel besser lesen lernen, Ihre Beziehung sehr viel intensiver und inniger und auch der Gehorsam besser wird. Das geht nicht von heute auf morgen, aber mit ein wenig Geduld von Ihrer Seite wird das klappen.

Und dann jagt der nicht mehr?

Naja, vielleicht!

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4 Kommentare zu Mantrailing als Therapiemöglichkeit? – 1. Teil Jagdersatz

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